<< Vorherige Übersicht Nächste >>

Tag 8: Veřovice - Kraków

Pferde im Nebel von VeřoviceAbenddämmerung in der Pampa weit vor KrakówDer nächste Morgen ist nebelig - sehr nebelig! Wir frühstücken in warmen Klamotten draußen, räumen unseren Krams zusammen, bemühen uns, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen und rollen dann den Hügel wieder herab. Da wir uns nicht mit einem nassen Zelt beschäftigen müssen, sind wir bereits kurz vor 8 wieder en route. Der Nebel ist fürs Fahren mit Brille leider recht schlecht, weil man so noch weniger sieht. Ich nehme meine Brille ab (ich brauche sie bei der Helligkeit eh nur des Rückspiegels wegen), Stephie hingegen braucht ihre Brille und muss sie daher öfter abwischen [Stephie meint: So ein Quatsch, soweit ich weiß, ertrage ich Tropfen auf der Brille relativ stoisch.]. Aber der Nebel lichtet sich und es kommt wieder Sonne auf. Wir fahren zur tschechisch-polnischen Grenze, begleitet vom herrlichen Bergpanorama. Die Strecke wurde wohl in den vergangenen Jahren enorm aus-, vor allem aber neugebaut. Wo früher größere Fernstraßen waren, finden sich nun Autobahnen und die Fernstraßen sind zu recht breiten, qualitativ guten Nebenstrecken degradiert worden. Perfekt zum Radfahren also und so kommen wir auch recht gut voran. Wir erreichen zur Mittagszeit Český Těšín und damit die Grenze nach Cieszyn. Polen hat uns und damit auch meine Albträume: Straßen mit Schlaglöchern, in denen man sich verstecken kann und die dazu passende ruppige Fahrweise der Autos. Wir poltern über die Strecken dahin, Stephie verliert eine Flasche aus dem Flaschenhalter, was bis hierher nicht ein einziges Mal passiert ist. Ich hoffe unterdessen, dass nicht irgendwas am Rad nachgibt. Bei der Ausfahrt aus der Stadt halten wir an einer Tankstelle, um nach Kartenmaterial Ausschau zu halten. Im Vorfeld hatten wir nicht all zu viel gefunden. Ernüchternd ist, dass wir auch in der Tankstelle nichts Brauchbares finden. Tja, dann halt die bestmögliche Karte kaufen und sehen, dass wir damit weiter kommen.
Anfangs gibt es nur recht groß erscheinende Straße zur Autobahn nach Skoczów, die wir wenig begeistert entlangfahren. Danach entspannt es sich ein wenig und eine kleinere Straße führt mit brauchbarer Qualität parallel zur E75 entlang. In Skoczów machen wir erneut Pause. Wir brauchen ein bisschen Geld und wollen in Buchläden nach besseren Karten schauen. Aber auch da sieht es nicht umwerfend gut aus.
Ich weiß nicht, was es ist, aber im Vergleich zu Tschechien, was wir erst vor ein paar Stunden verlassen haben, sieht Polen hier lange nicht so einladend aus. Hinter den Gartenzäunen sieht es meist sehr gepflegt aus, aber die gemeinschaftlichen Flächen sind oft genug einfach nur heruntergekommen. Auch die Gesichter strahlen auf den ersten Blick weniger Offenheit und Fröhlichkeit aus als ich es von Tschechien her kenne. Die Plätze sind mit Tauben übersäht, weil die Polen da offensichtlich ganz närrisch drauf sind.
Wir rollen weiter in Richtung Bielsko-Biała. Stephie punktet damit, dass sie all diese Städte wunderbar polnisch aussprechen kann, während ich mir an dem ein oder anderen Ortsnamen einfach nur die Zunge breche. Wir finden anhand kleinerer Karten dann doch noch ein paar nette Strecken, bei denen man nur aufpassen muss, weil der Belag von ganz gut zu recht schlecht mitunter sehr schnell und vor allem auch bergab wechselt. Mit aufmerksamer Fahrweise sind in den Abfahrten dennoch nette Geschwindigkeiten erreichbar.
Einen Nachteil haben die netten Nebenstrecken jedoch: Die Strecke schmilzt weit weniger schnell als uns das recht sein könnte, wenn wir doch heute noch in Kraków ankommen wollen. In Bielsko-Biała verrät uns eine Ausschilderung dann, wie weit es für Autos noch bis Kraków sein soll. Die dreistellige Zahl versetzt uns dann doch in eine gewisse Unruhe. Der Blick auf die Karte zeigt jedoch, dass es sich dabei wahrscheinlich um eine Schnellstraßenverbindung handelt, die dort einen ziemlichen Haken macht. Uns wird dennoch klar, dass wir uns entweder sputen oder nach einer alternativen Übernachtungsmöglichkeit vor Kraków umschauen müssen. In diesem Entscheidungsvakuum taumeln wir so einige Kilometer dahin, bis ich beschließe, dass wir - egal, was jetzt kommen mag - jetzt ordentlich was futtern sollten, damit wir am Ende keinen Hungerast haben. Also halten wir auf einem Marktplatz, holen unser Brot raus und essen ein paar Schokobrote und andere Kleinigkeiten. Nun sind wir zumindest soweit gedopt, dass wir wohl noch einige Kilometer hinbekommen werden. Nachdem ich dann auch unsere Navigation auf den neuen Karten so einigermaßen im Griff habe, läuft es besser und besser. Am nun einsetzenden Abend legt sich auch der Wind soweit, dass er keine Rolle mehr spielt. Wir wundern uns immer wieder mal noch über fehlende Ausschilderungen an Kreuzungen, an denen wir welche erwartet hätten. Ansonsten sind wir jetzt im "Flow". Obwohl wir ja nun schon mehr als 100km für heute in den Beinen haben, beginnen die Räder dahin zu fliegen. Der Eindruck wird um so stärker, als wir im Dunkeln die Tachos nicht mehr ablesen können und im Licht unserer Scheinwerfer die vorbeihuschende Straße eh noch schneller aussieht.
Ein paar knackige Anstiege sind noch dabei, dann kommen wir mit einer fantastischen Abfahrt nach Ryczów an die Weichsel und in ihre Ebene, in der es vor allem noch wellig dahin geht. Für unsere Fähre über den Fluss wird es garantiert zu spät, deswegen haben wir die etwas längere Route über Lacany eingeschlagen, wo wir über ein Wehr die andere Flussseite erreichen. Wenig Verkehr, kleine und verhältnismäßig gute Straßen, Dunkelheit, Nebelbänke und wuuuusch.
Um zu unserem Campingplatz in Smok zu gelangen, müssen wir das Tal allerdings wieder verlassen. Nun merken wir doch, dass wir nicht gerade erst frisch gestartet sind, sondern schon ein paar Kilometer in den Beinen haben. Rauf auf die Straße Nr. 780. Oben angekommen, ist es dort dank der Uhrzeit glücklicherweise auch nicht gerade überfahren (bei Fahrbahnen kann man schlecht von "überlaufen" reden). Und so rollen wir noch einige Kilometer immer weiter in Richtung Kraków, das dann irgendwann endlich durch ein Ortseingangsschild angezeigt wird. Fast geschafft! Unser Campingplatz ist glücklicherweise in den Westausläufern der Stadt, so dass uns eine Durchquerung mitten in der Nacht erspart bleibt. Der Fahrradcomputer zeigt eine Strecke von knapp 200km und eine Uhrzeit, die mit 22 beginnt.
Der Campingplatz ist geöffnet, was aber auch als recht wahrscheinlich galt. Der Nachtwärter lässt uns rein und zeigt uns einen Platz. Auch dort ist noch alles ziemlich nass, wir suchen uns die beste Stelle aus, laden die Räder ab, bauen das Zelt auf, duschen schnellstmöglich, essen etwas und geben uns dann unserer Müdigkeit hin. Geschafft, aber glücklich!

<< Vorherige Übersicht Nächste >>

http://radseiten.die-andersecks.de | Datenschutzerklärung