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Tag 12: Nysa - Kamienna Góra

Kuh im WegesrandPause unter RegenbogenAuch der nächste Tag wartet mit nettem Wetter auf. Es geht wieder über Landstraßen daher. In Żabkowice Sląskie machen wir Mittagspause und "erfreuen" uns erneut an der Taubenvielfalt, die in polnischen Städten gezüchtet wird. Die "Ratten der Lüfte" hätten am liebsten von unserem Essen etwas ab, ich bemühe mich, meine Beine nicht still zu halten, um die Viecher auf Abstand zu halten. Sehr dankbar sind wir dann der älteren Dame, die mit ihrem Enkel und einer Tüte Taubenfutter daher kommt und die Aufmerksamkeit der Tierchen auf sich zieht. Immer wieder in diesen Situationen geht mir Georg Kreisler nicht aus dem Sinn: "Geh'mer Tauben vergiften im Park...".
Aber auch die Kilopackung hat bei geschätzt locker über 30 Tierchen ihre Grenzen und so wird anschließend auch unser Essen wieder interessant. Fahren wir also besser mal weiter. Die Landschaft wird wieder ein wenig hügeliger und wir schaukeln wenig spektakulär übers Land und durch kleinere Städte. Bielawa und Peszyce heißen zwei davon, die auf dem Weg nach Walbrzych liegen. Da Regen und Kälte uns in den letzten Tagen schon ein bisschen zu schaffen gemacht haben, wollen wir nicht mehr unnötig lange unterwegs sein und bemühen uns auch heute wieder ein paar Kilometer zu schaffen. Leider begehen wir damit auch bezüglich unserer nächsten Unterkunft einen Fehler. Während vor Walbrzych die Landschaft ganz nett ist und einige Unterkünfte etwas Ähnliches wie Schlafen im Stroh anbieten, verändert sich bei der Fahrt durch die Stadt die Aussicht drastisch. Plötzlich sieht es aus, als sei man in der Kulisse eines Geschichtsfilms gelandet: Graue, alte Häuser vermitteln einen morbiden Charme und wir hoffen nur, dass es anschließend wieder besser wird. Das ist leider nur begrenzt der Fall. Zwar hört die Stadt dann irgendwann auch wieder auf und es gibt auch wieder etwas Landschaft. Eher ursprüngliche Übernachtungsmöglichkeiten, ach, was sag ich, überhaupt Übernachtungsmöglichkeiten suchen wir nun aber vergeblich. In Boguszów-Gorce gibt es ein Hotel an der Hauptstraße. Superfreundlich schaut es nicht aus, aber das ist auch schnell egal, weil dort wohl eine Hochzeit stattfinden soll und somit alle Zimmer ausgebucht seien. Also fahren wir weiter.
Es folgen eher kleine Dörfer oder Städte und erst Kamienna Góra sieht dann wieder so aus als könnte es uns eine Unterkunft bieten. Beim Einbiegen in eine Straße treffe ich ein Schlagloch, das das vollbeladene Rad hüpfen lässt, dass mir Angst und Bange wird. Die Tatsache, dass ich weiterfahren kann, zerstreut aber meine Bedenken, dass etwas kaputt gegangen sein könnte. Wir eiern ein wenig durch die Stadt, es ist inzwischen schon ziemlich dunkel. Und schließlich sehen wir ein Hotel-Schild aufleuchten. Den Gedanken an Campingplätze haben wir inzwischen vollkommen begraben. Als wir die Räder vor dem Gebäude mit der Aufschrift abstellen, fällt mir auf, dass meine Sandalen, die ich auf die Packtaschen gelegt hatte, nicht festgebunden waren. Das war so nicht geplant, aber ich staune über die stabile Liegeposition, haben sie doch flotte Abfahrten und einige Schlaglöcher dort drauf liegend überstanden.
Wir klingeln beim Hotel, der Hotelchef spricht auch ein wenig Deutsch, so dass sich ein Mix aus Deutsch und Polnisch ergibt, weil Stephie das natürlich spricht. Das nette kleine Hotel, an dem wir geklingelt hatten, scheint dann nur die Rezeption zu sein. Wir folgen dem Chef über die Straße, wo sich dann ein etwas größeres Gebäude auftut. Auf dem Gelände steht auch ein deutscher Reisebus aus der Hamburger Gegend. Scheint also zumindest nicht die schlechteste Adresse zu sein.
Die Frage, wo die Räder hin können, klärt sich schnell: Sie dürfen in der Empfangshalle stehen. Ich lade das Gepäck von meinem Rad und stelle es hochkant in eine Ecke, was er mit einigen Worten zur deutschen Ingenieurskunst würdigt. Schließlich schleppen wir den ganzen Krams nach oben, der Chef und ein eilig hinzugerufener Mitarbeiter (oder sein Sohn?) helfen uns und speziell Stephie als Dame wird nach polnischer Manier möglichst weit entlastet.
Nach der Dusche beschließen wir, dass wir noch etwas essen müssen. Das Hotel ist zu nett und edel um wieder auf dem Fensterbrett zu kochen und aller Voraussicht nach ist es unsere letzte Nacht in Polen. Also beschließen wir, noch einmal die polnische Küche auszuprobieren und werden nach der Empfehlung des Hotelchefs recht schnell in einer kleinen Straße fündig. Dort gibt es auch Speisekarten in anderen Sprachen als Polnisch, die Bedienung ist damit allerdings nicht kompatibel und so ist es auch hier wieder eine Erleichterung, dass Stephie die sprachliche Brücke bauen kann.
Außer uns sind in der "Kneipe" nur noch ein paar Mädels, die sich offensichtlich dem schleichenden Delirium bei nerviger Musik hinzugeben versuchen. Die Bedienung scheint über ihre Anwesenheit etwas gespaltener Meinung zu sein: Einerseits recht nett, andererseits mit gelegentlichem Augenrollen über ihr Verhalten.
Das Essen, wir probieren es unter anderem noch einmal mit Piroggen, ist dann lecker und füllt uns auch gut. Als wir aus der Kneipe zurück schlendern, merken wir, dass die Nacht wieder ordentlich frisch zu werden scheint. In der Luft liegt der Nebel von einigen Holz- und Kohleöfen. Ungefähr so hatte ich mir Polen vorgestellt.

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