Köln - Wolfsburg - Lüneburg - Bullendorf

Freitag 26. August: Wir beide müssen heute Disziplin beweisen. Rechtzeitig die Arbeit verlassen, Martin mit dem Rad nach Hause, dort seine letzte Radtasche nehmen, zur U-Bahn laufen und zum Bahnhof fahren. Stephie ist bereits am Morgen mit ihrer Radtasche per Bahn zur Arbeit gefahren, um am Nachmittag direkt von dort zum Bahnhof zu fahren. Wir treffen uns auf dem Bahnsteig und besteigen den ICE nach Wolfsburg. Da sitzen wir nun und überlegen, was wir daheim vergessen haben könnten. Die Räder sind bereits eine Woche vorher gemeinsam mit dem Großteil des Gepäcks per Regionalzug und Familienauto nach Wolfsburg gekommen, so dass wir nun sehr minimalistisch unterwegs sind. Uns fällt nichts ein, was wir vergessen haben - und wenn schon, das merken wir noch früh genug.
Auf Tour in NiedersachsenIn LüneburgIn Wolfsburg treffen wir auf unsere Eltern, mit denen wir noch etwas Zeit verbringen wollen, bevor wir am Sonntag auf unsere Tour starten. Das Wetter ist nicht gerade stabil, der Wind kommt aber immerhin von hinten und es bleibt meist trocken. Es könnte deutlich schlimmer sein. So fahren wir am Tankumsee vorbei und drehen dann auf Richtung Nord, um nach Hankensbüttel zu gelangen. Auf der Strecke gibt es allerhand Heidelandschaft. Diese setzt sich nach der Pause in Hankensbüttel wunderbar fort. Eine angenehm kleine Straße, die sich erstaunlich auf und ab wellt und uns weiter durch die Heidelandschaft und nach Uelzen führt. Dort angekommen fahren wir selbstverständlich zum Bahnhof - nicht weil wir keine Lust mehr haben, sondern weil dieser ja von Friedensreich Hundertwasser etwas aufgepeppt wurde, was unserer Meinung nach schon schick anzusehen ist. Wir essen dort noch ein Eis, bevor wir unsere Fahrt nach Lüneburg fortsetzen. Nicht weit vom Bahnhof sehen wir eher zufällig noch Jan Cordes' Spezialradladen, der heute zwar geschlossen ist, aber ja dennoch ein paar Schaufenster hat.
Die Straße nach Lüneburg ist wenig erbaulich. So viele direkte Verbindungen gibt es nicht, auf die B4 haben wir so gar keine Lust und so hoppeln wir auf dem eher durchwachsenen Radweg entlang der L250 nach Ebstorf um von dort aus weiter gen Norden zu fahren. Das geht weiterhin mal besser, mal schlechter, aber im Schnitt kommen wir doch ganz gut voran. Kurz vor Lüneburg kommen wir dann zum ersten Mal in den Genuss unserer tollen Regenklamotten. Da wir noch nicht an einen langanhaltenden oder gar schweren Regen glauben, belassen wir es erst mal bei Regenjacken und Gamaschen (und bei Martin noch der Südwester), was sich als nicht ausreichend herausstellen sollte. Die Radhosen sind doch schneller nass, als uns lieb ist und von den nassen Beinen läuft es von oben in die Gamaschen...
Unsere Füße und Beine trocknen bei der Einfahrt nach Lüneburg glücklicherweise verhältnismäßig schnell wieder ab, wir haben gelernt, dass eine Regenhose ein nützliches Utensil sein kann, erst recht, wenn man sie auch trägt. In Lüneburg schauen wir uns ein wenig um und prüfen, wie weit es zu welchem Campingplatz hin ist. Das GPS spuckt eine Hand voll Campings aus, unter anderem auch Camping Bullerby in Bullendorf an der Elbe. Das ist gut, denn das bedeutet, dass wir schon recht weit sind. Außerdem ist dies ein Campingplatz, auf dem Martin mit seinen Eltern vor einigen Jahren schon einmal während einer Elbetour übernachtet hat. Auf dem Weg zum Campingplatz kommen wir noch am Schiffshebewerk Scharnebeck vorbei, das wir uns anschauen. Ein beeindruckendes Bauwerk mit allerhand Höhe in einer ansonsten eher flachen Landschaft, das nötig ist, um den Elbe-Seitenkanal auf Elb-Niveau abzusenken. Die Straßen weiter nach Bullendorf sind dann ländlich, ruhig und zu einem guten Stück komplett aufgerissen, so dass der daneben befindliche Radweg eine richtig gute Alternative bildet, die wir gern annehmen.
Angekommen in Bullendorf kann sich Martin zwar nicht mehr so ganz an diesen Platz erinnern. Das macht aber nichts, weil der ältere Eigentümer des Platzes nordisch freundlich ist, wenig Geld haben möchte und auf dem Platz sogar eine überdachte Bank-/Tisch-Kombination steht. Damit können wir trotz Nieselregens trocken kochen und essen. Danach gehen wir noch ein Stück zur Elbe spazieren. Es regnet weiter vor sich hin, was etwas deprimiert, aber zum Glück immer noch recht wenig ist.

Bullendorf - Bornhöved

Durch den WaldRegen oder Regen?Am nächsten Tag frühstücken wir und bauen das Zelt ab - wir wollen weiter. Bei Lauenburg überqueren wir die Elbe und kommen damit von Niedersachsen nach Schleswig Holstein. Lauenburg selbst ist wieder enorm hügelig, was man dort im Norden gar nicht unbedingt erwartet. Dahinter wellt sich die Landschaft weiter dahin. Der Wind ist heute leider eher Seiten als Rückenwind, wenn er nicht gar von vorn weht. Immer wieder nieselt es auch und man kann wegen Spritzwassers nicht gut im Windschatten fahren. Aber die Landschaft ist herrlich beruhigend, wenn gleich die Hügel anders sind als an der Nordseeküste. Als wir gerade wieder gegen den Wind ankämpfen, sehen wir in der Ferne dunkle Wolken aufziehen. Unser Gespür sagt uns, dass wir früher oder später davon erwischt werden. Daher ziehen wir uns an einem Abzweig direkt die komplette Regenmontur über. Noch als wir dabei sind, öffnet der Himmel seine Schleusen und lässt so ziemlich alles, was er grad dort oben zur Hand hat, herabströmen. Das gemeinsam mit dem harten Wind, der nun Seitenwind von links ist, ist durchaus beeindruckend und weckt die Abenteuerlust. Mit den Regenklamotten an macht dieser Schauer Spaß!
Kurz später rollen wir nur noch selber tropfend wieder bei verträglicherem Wetter umher. Die Klamotten behalten wir noch eben an, das Wetter sieht noch nicht hundertprozentig vertrauenswürdig aus und die Kleidung soll ja noch abtrocknen. Das Wetter bleibt wechselhaft. Bei Bad Segeberg wird unsere Strecke mal wieder etwas naturverbundener, als wir durch den Wald fahren und dabei ein paar schlammige Abschnitte dabei haben. Die Räder rollen aber gut durch, kein Problem. Und kurz danach ist auch schon der nächste Schauer da, aber inzwischen sind wir ja geübt im Umgang mit Regenklamotten. Wir schauen uns nach dem nächsten Campingplatz um und werden in Bornhöved fündig. Auch hier wieder ein Platz, der die Ruhe der Nachsaison mit nur noch Dauercampern ausstrahlt. Leider ist das Wetter zu unserer Ankunft schon nicht mehr so toll und der ganze Abend ist eher nass. Hier gibt es wieder eine Picknickbank, zwar ohne Dach, aber immerhin etwas zum Hinsetzen, etwas drauf stellen. Die Sanitärräume sind groß, sauber und warm und der Eigentümer ist auch wieder ein netter, älterer Herr. Angesichts des Wetters gibt er Martin einmal abends und dann Stephie am nächsten Morgen Probepackungen von Espressopulver mit, damit wir uns einen schönen heißen Kaffee machen können. Martin als Nichtkaffeetrinker ist begeistert, probiert aber dennoch ein paar Schlücke davon, als wir eine der Packungen mit Nudelwasser aufgießen. Nach dem Abendessen schlendern wir noch zum nahegelegenen See hin, laufen auf den Steg und leuchten mit den Stirnlampen in den Nieselregen. Trotz der nicht sehr weit entfernten Bundesstraße, die lautstark herüberdröhnt, schlafen wir danach recht gut und sind am nächsten Tag kurz nach 9 wieder auf Achse.

Bornhöved - Kiel - Gettorf - Jarplund

Weiter geht's gen Norden. Die großen Städte wollen wir bestmöglich aussparen, offenbaren sie doch meist das ganze Repertoire an Radfahrerfallen, die eigentlich ja sogar mit blauen, runden Schildern gekennzeichnet sind, gerade deswegen aber auch noch benutzt werden müssen. Wir beide haben einen recht guten Überblick darüber, was der Gesetzgeber an Radwege für Anforderungen stellt und wann sie als benutzungspflichtig ausgeschildert werden sollen. Mit diesem Wissen bleibt uns gerade in Schleswig Holstein des Öfteren einfach nur der Mund über das, was wir so sehen, offen stehen. Positiv zu erwähnen ist gleichzeitig, dass Autofahrer, die der Meinung sind, dass wir doch besser irgendwelche schwer erreichbare Radwege benutzen sollten, uns nicht anhupen, sondern an Kreuzungen durchs geöffnete Fenster recht entspannt ansprechen. Mit dieser Mischung läuft's dann doch ganz gut und gerade auf den kleinen Straßen außerhalb gibt es damit gar kein Problem. Ein weitere Grund gegen Stadtdurchfahrten ist, dass man sich unserer Meinung nach vorher ein paar Punkte in einer Stadt ausgesucht haben sollte, damit es sich überhaupt lohnt, durch das Gewusel mit viel Verkehr und Ampeln zu fahren.
Campingplatz Bornhöved am MorgenSchlei-FähreKiel tangieren wir daher fast nur, um zur Fähre Landwehr über den Nord-Ostsee-Kanal zu gelangen. Sämtliche Übergänge über diesen Kanal sind kostenlos zu benutzen, was darauf zurückzuführen ist, dass der Kanal ja eine künstliche Unterbrechung für Landwege ist, die in ihren Anfangsjahren bei der Bevölkerung sicher nicht nur auf Zustimmung stieß. Um das Leben der nun neu an einem Kanal lebenden Menschen damals nicht zusätzlich zu erschweren und verteuern, wurden also Fähren und Brücken eingerichtet, die gratis zu queren sein mussten und bis heute sein müssen.
Nach der Querung fahren wir nach Gettorf, wo uns das Wetter in seiner aprilhaften Laune wieder einholt. Stephie geht dort einkaufen, Martin wartet draußen und wirft einen Blick auf die Räder, während er das Wetter immerhin unter einem Unterstand "genießt".
Dann ist es wirklich nicht mehr weit hin und wir sehen mit der Eckernförder Bucht einen Teil der Ostsee, die auch in Dänemark recht präsent sein wird. Eckernförde durchfahren wir diesmal, weil wir zur Schlei wollen, die Stephie aus der Vergangenheit als nette Gegend kennt. Zwar ist dies mit einer weiteren Fähre verbunden, die wir diesmal auch bezahlen müssen, aber die Route über Missunde ist doch recht nett. Gern hätten wir zwischen Schlei und Flensburg nun einen Campingplatz genommen. Der Blick auf die Karten zeigt aber, was man auch vermuten hätte können. Alle Campingplätze sind entweder an der Schlei oder an der Ostseeküste, also entweder hinter uns oder ein gutes Stück östlich, wo wir ja eigentlich bislang nicht hin wollen. Also beschließen wir, wieder ein paar Kilometer mehr und bis kurz vor Flensburg zu fahren. Über unterschiedlich große Straßen rollen wir dahin, vor Allem mit Seiten- und schrägem Gegenwind. Die Ortsnamen erinnern jetzt schon eher an Dänemark als an Deutschland, eher an Werner-Filme als an die Lindenstraße.
Nach ein paar Kilometern zu viel - Martin tritt nur noch monoton daher, Stephie findet genau das schon ein Stückchen zu schnell - kommen wir dann in Jarplund am Südzipfel Flensburgs an. Der Campingplatz hat deutlich dänische Einflüsse, was sich durch die Beschriftungen, die gratis zu nutzenden Küche, die Sitzgelegenheiten und den tollen Spielplatz bemerkbar macht. Dort treffen wir einen Reiseradler, der gerade aus dem hohen Norden zurückgekehrt ist und am nächsten Tag nach Berlin weiter möchte. Bei Flensburg bemerkte er, dass ihm die Felge gerissen ist, was er durch einen Neukauf in der Stadt recht schnell beheben konnte. In der dänischen Pampa wäre das wohl schwieriger geworden, meint er, und er könnte damit sogar recht haben.
Wir versuchen, einen warmen Platz fürs Zelt zu bekommen, wo es im Zweifelsfall auch hoffentlich nicht absäuft, da die Wiese leicht abfallend ist. Somit stehen wir recht weit oben und haben eine Mauer zum Räderanlehnen und Küche und Toiletten sind auch ein Stückchen näher. Alles in allem ein netter Platz.

Jarplund - Flensburg - Sønderhav - Fynshav - Diernæs

Am nächsten Tag ist es soweit, dass wir nach Dänemark gelangen werden. Erst einmal fahren wir nach Flensburg, um uns die Stadt ein bisschen anzusehen. Im GPS wähle ich dazu den Punkt, der die entsprechende Beschriftung trägt und prompt werden wir dort hin geführt. Auf Pflasterstraßen fahren wir bergauf, immer höher. Ein wenig schmunzeln müssen wir dann doch, als wir sehen, dass die Stadtmitte also die JVA sein soll. Wir fahren also weiter und gelangen zu einer Einkaufsstraße. Für unseren Nutellaersatzstoff ist unser kleines Campingmesser irgendwie zu klein, wir brauchen echtes Werkzeug für echte Radfahrer. Ein solches findet Stephie in einem 1€-Laden, wo sie sich durch eine Schulklasse hindurchkämpfen muss, die ganz kräftig vermeintlich billige Mitbringsel für die Lieben daheim kaufen muss.
Anschließend noch bei einem Outdoorladen ran, damit wir nicht eines Abends ohne Gaskartusche da stehen. Nun zum Hafen, aufs Wasser schauen, den Booten zusehen. Und dann auf zu neuen Zielen, Dänemark ruft. Wir folgen vor allem Seitenstraßen, die uns zum Ostseeradweg bringen, über den wir ein wenig abkürzen können. Irgendwann stehen wir dann an einer kleinen Holzbrücke, von der man wissen muss, dass es die Grenze ist, weil es sonst fast nicht auffiele. Weit und breit kein Mensch zu sehen, Blick auf die Flensburger Förde. Nett ist es hier. Die Infotafeln erzählen ein bisschen zur Geschichte der Grenzsituation, die vor allem zu Kriegszeiten immer eine schwierige war.
Von da aus geht es über unbefestigte Wege weiter hin zu Waldwegen mit fiesen Steigungen. Nett zu fahren ist es, aber auch anstrengender als man sich Dänemark immer vorstellt. Nach einigem Auf und Ab gelangen wir dann aber doch zu einer echten Straße. Es ist die Küstenstraße, die immer einen Blick aufs Wasser zulässt und uns mit einem leichten Rückenwind ganz gut daherfahren lässt.
Grenze von Deutschland zu DänemarkLange Wege in DänemarkWas Stephie schon im Vorfeld gelesen und daher eingeplant hatte, sind die dänischen Ess-Spezialitäten, so auch der Hotdog. In Sønderhav, so erzählt man sich, gibt es den besten seiner Art in ganz Dänemark, nämlich an Annies Kiosk, dem Strandkiosk mit Blick auf die Ochseninseln. Während wir das einfach mal ausprobieren wollen, machen andere da ein Event draus, mit Foto bei der Bestellung und gleich zwei bis drei Stück. Wir beschränken uns auf einen pro Person und finden ihn durchaus lecker, was sicher auch durch die Versprechung der ausschließlichen Verwendung lokaler, frischer und frisch zubereiteter Zutaten unterstützt wird. Der Versuchung auf ein Softeis können wir gerade so noch widerstehen, wir fahren erst einmal noch weiter nach Gråsten, wo wir das Schloss ansehen durch den zugehörigen Park schlendern. Das Wetter lässt uns seit unserer Einfahrt nach Dänemark bislang nicht im Stich, wir haben sogar Sonne und bereits Sonnencreme aufgetragen. Wir sind ganz begeistert. Und so rollen wir auch weiter gen Sønderborg. Kurz bevor wir in die Stadt gelangen, stehen links und rechts der Straße Denkmäler und Museen, die an die Kriege 1848 und 1864 erinnern sollen. Wir schauen uns nur die in der Landschaft stehenden Bestandteile dieses "Komplexes" an, darunter Kanonen, eine Windmühle und noch einiges mehr. Danach geht es mit einer flotten Abfahrt zur Stadt hinunter. Auch dort schauen wir uns ein wenig um, bevor wir beschließen, heute schon die erste Halbinsel Dänemarks hinter uns zu lassen. Wir durchqueren noch einmal ein großes Stück Land, das geprägt ist von kleinen Dörfern und Landwirtschaft, so wie eigentlich auch das restliche Dänemark. In Fynshav warten wir etwa eine halbe Stunde auf die Fähre, die uns nach Bøjden bringen soll. Als wir dort stehen und warten, überkommt uns der Appetit auf unseren Süß- und Knabberkrams, den wir einstecken haben. Dabei schauen wir zu, wie sich die Autospuren langsam ein wenig füllen. Wir werden nicht allein auf der Fähre sein, aber überfüllt wird es auch nicht sein. Eine Mädel in unserem Alter geht einige Minuten vor Fährankunft bei den Autos entlang und verkauft Tickets. Martin spricht sie an, wie es für Radfahrer läuft und ist total begeistert von der Freundlichkeit, die ihm entgegenschlägt. Zwar hat er's verpeilt, aber sie kommt kurz später, als Stephie auf Toilette ist, auf ihn zu und fragt, ob er nicht auch Fahrkarten kaufen möchte, was er zweifellos möchte. So ausgerüstet kann die Fähre kommen!
Die Überfahrt dauert etwa 40 Minuten, genug um ein wenig zu lesen, raus zu schauen, auf dem GPS die Routentreue der Fähre mit zu verfolgen und die Vergnügungseinrichtungen des Schiffs (Kinderschaukelkrams auf dem Deck) auszuprobieren. Danach sind wir recht flott von der Fähre wieder runter und fahren auf einer schnurgeraden Straße vom Wasser weg und hin zu unserem Campingplatz für heute in Diernæs. Es geht wieder rauf in die Hügel - aber schöne Hügel. Der Campingplatz ist sehr nett. Kochen und Picknickbank sind inklusive, warme Duschen dagegen etwas merkwürdig zu bezahlen. Nachdem die erste Münze durch ist, beschließen wir beide, kalt weiter zu duschen. Über einen langen Grasstreifen blickt man hinunter zur Dorfkirche, das Wetter ist gut, es ist schon schick hier.

Diernæs - Svendborg - Nyborg - Reersø

Offroad-PassagenWellige Straßen nach ReersøDer nächste Tag startet so wie der vorherige aufgehört hat. Das Wetter ist recht nett, wenn auch nicht superheiß. Die Sträßchen schlängeln sich teilweise sogar durch den Wald, auf und ab und meistens klein. Am Wegesrand immer wieder mal ältere Häuser mit Reetdächern. Heute wollen wir schauen, ob die Straßen, die in unserem GPS drin sind, vielleicht minimal zu kurz eingezeichnet und in Echt doch miteinander verbunden sind. Dazu fahren wir einige Kilometer seichte Offroadpisten entlang, Landwirtschaftswege eben. Nach einigem Suchen und Schauen in verschiedenen Sackgassen finden wir schließlich tatsächlich den Weg, der uns zum nächsten Weg hindurch lässt. Einige Kilometer Umweg bleiben uns erspart, die Entdeckerlaune ist befriedigt und die Räder wieder staubig. Genau so hatten wir uns das vorgestellt. Ab jetzt geht's wieder auf gewöhnlichen Straßen nach Svendborg, wo wir Mittag essen, uns ein wenig umschauen und Eis schlabbern. Aber auch heute wollen wir wieder eine der Inseln hinter uns lassen. Der Große Belt trennt uns von der nächsten, eine Brücke verbindet die beiden - leider aber nur für Autos. Radfahrer dürfen mit dem Zug fahren, was nicht mal günstiger ist als die Maut auf der Brücke, vom Rumgehieve der Räder in den und aus dem Zug mal ganz abgesehen. Aber darüber hatten wir uns ja immerhin vorab informiert und so können wir vorher noch ein wenig in Nyborg herumschauen, ein Fort sehen und dann zum Bahnhof fahren. Der Kartenkauf geht immerhin halbwegs einfach, der nächste Zug kommt recht flott und abgesehen davon, dass es halt wie üblich etwas Stress ist, ist es eben "ok". Dennoch sind rund 30€ für 12 Minuten recht ordentlich.
Die nächste Insel will unsere Herzen erst nicht höher schlagen lassen. Es sieht anders aus, nicht so heimelig, sterile, neue Wochenendhäuser. Wir gehen einkaufen, weil wir eben noch was brauchen und finden dabei auf der Gemüsewaage im Supermarkt die Aufschrift "Zitauer Løg", Zittauer Zwiebel also. Da fährt man in die Ferne und was findet man? Erinnerungen an die Heimat. Doch nett.
Wir schauen, was es an Campings in der Umgebung gibt. Stephie hat im Dänemark-Reiseführer gelesen, dass Reersø sehr schön sein soll. Reersø ist eine Halbinsel einige Kilometer nördlich des Großen Belt, also beschließen wir, dort hin zu fahren. Die Straße führt entlang der Küste, gesäumt von vielen Ferienhäusern. Die Gegend hier erinnert Stephie an Bornholm. Martin war dort noch nicht und findet es daher einfach so recht schick. So schick es hier aber auch ist, es zieht sich doch ein wenig hin. Die Bebauung verhindert leider, dass man unbemerkt gewissen menschlichen Bedürfnissen nachkommen könnte, allerdings haben die Dänen auch hiergegen ein Wundermittel: Öffentliche Toiletten. Nachdem diese erreicht und genutzt ist, geht es erleichtert weiter. Wir kommen an einem Campingplatz vorbei und überlegen, ob wir bereits hier einfallen sollen. Allerdings sieht der Platz eher verlassen aus - wenngleich er das vielleicht gar nicht ist, aber wir glauben dann doch, dass der Platz in Reersø schicker sein könnte. Und so fahren wir weiter. Der Wind kommt aus Westen, wir fahren gen Norden und müssen zur Halbinsel hin schließlich direkt in den Wind hineindrehen, was man deutlich merkt. Circa 8 Kilometer führt die Straße gegen den Wind nach Reersø hin. Es ist sehr ländlich und, als wir ankommen, dörflich. Ein kleiner Hügel mit Kirche drauf begrüßt uns im Ort. Der Campingplatz sieht leider nicht viel weniger verlassen aus als der andere, aber auch dieser ist es nicht komplett. Wir bekommen einen Platz für unser Zelt, Kochen und Aufenthaltsraum sind wieder inklusive. Beides kommt uns aufgrund des Mückenaufkommens draußen sehr gelegen. Mit der Nähe zur See ist es auch recht windig, aber das kann für ein trockenes Zelt am nächsten Morgen ja nur vorteilhaft sein.

Reersø - Fugledegård - Ubby - Vesterlyng - Lammefjord

Alte Häuser in ReersøSteilküste in ReersøUnd so ist es auch. Unterstützt wird dies dadurch, dass wir uns nun endlich mal einreden, Urlaub zu haben. Somit reisen wir nicht sofort ab, sondern gehen noch eine Runde auf der Halbinsel spazieren. Es sieht aus, als sei die Zeit stehen geblieben, historisch und dennoch nicht museal. Vom Spaziergang zurück packen wir unser Gepäck wieder zusammen und machen uns auf die Räder. Da wir noch nicht alles gesehen haben, wollen wir nun noch schauen, ob wir nicht einen Küstenweg nehmen und so die Halbinsel umrunden können. Am Hafen angekommen sieht dies anfangs zwar schwierig, aber nicht unmöglich aus. Unsere Hoffnungen schwinden allerdings, als Martin sich in bester Mountainbike-Manier darin versucht, durch den äußerst groben Schotter, wenn nicht gar aus großen Steinen bestehenden Weg zu fahren. Die Aktion ist mehr ein Balance- und Kraftakt, wir belassen es dabei und fahren anders herum zum Strand. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise brauchen wir keine Knielinge, es ist warm. Stephie möchte dies nutzen, um die Füße ins Ostseewasser zu tauchen. Nach einem kurzen Abstecher zur "Ministeilküste" fahren wir also zum Strand und Stephie bekommt, was sie möchte. Martin ist unterdessen etwas von der auf ihn einprasselnden Sonne erschlagen und schaut sich das Schauspiel vom Strand aus an. Als wir so dort stehen beziehungsweise sitzen, legt ein älteres Pärchen mit zwei Seekajaks an, schlüpft aus den Neoprenklamotten und zieht die Boote an Land. Seekajakfahren scheint ein recht beliebter Sport zu sein, man sieht sie dort hin und wieder mal.
Schließlich fahren wir aber auch von dort aus wieder weiter. Wir wollen in Richtung Roskilde, wissen aber, dass wir das heute nicht schaffen werden - wollen wir aber auch nicht. Stattdessen kommen wir am See Tissø an einer Art Museum mit angeschlossenen naturverbundenen Übernachtungsmöglichkeiten in Sheltern vorbei. Eigentlich wollen wir uns nur kurz umschauen am Fugledegård, als wir von einem Mitarbeiter auf Dänisch angesprochen werden, ob wir wegen der Übernachtung in den Sheltern hier sind. Wir verstehen ihn erst nicht so recht, er wiederholt es in Englisch, womit wir in der Lage sind, ihm zu antworten, dass wir eigentlich nur schauen und Pause machen wollen. Er ist total freundlich und sagt, wir sollten uns wie zu Hause fühlen, als ob alles uns gehörte. Und so nutzen wir die Sitzgelegenheiten um unser Mittagsbrot zu essen, in die Landschaft zu schauen und zu verweilen.
Wir fahren weiter gen Norden und kommen bei Ubby auf einen ausgeschilderten Radweg. Auf unserer Straßenkarte ist er nicht eingezeichnet, in der GPS-Karte allerdings schon und so sehen wir, dass er genau dort hin führt, wo wir auch hin wollen. Überrascht sind wir dann allerdings schon von der Größe des Weges. Schon bei den Absperrungen an Anfang und Ende des Pfades passen wir mit den Lowridertaschen eher eng durch, danach rollen wir über einen fast vollständig grünen Weg, der nur eine schmale, Spur bietet, die kaum breiter ist als unsere Reifen. Auf dieser Spur zirkelnd fährt es sich aber gut und nur die Taschen streifen permanent durchs Gras, das sich den Rest des Weges angeeignet hat.

MittagspauseStephie und Martin werfen mit Schatten um sichSchließlich geht es aber nach ein paar Kilometern wieder auf asphaltierten kleinen Sträßchen weiter und wir kommen gut voran. Bei Eskebjerg finden wir das Naturschutzgebiet Vesterlyng, Seelands größte Heide, die wohl auch noch mit zwei Wanderdünen bestückt ist. Für uns auffällig ist, dass wir uns auf Meeresniveau bewegen, es eher nass neben den Straßen aussieht und allerhand Tiere zu sehen sind. Gleichzeitig nähern wir uns so auch wieder der Küste, fahren nach Havnso und bleiben ab da auch an der Küste. Das bedeutet aber nicht, dass es eben wäre, wir fahren ständig leicht wellig daher. Gerade noch auf Meeresniveau schleppen wir uns und unser Gepäck kurz später auf 50 bis 60m Höhe, sage noch einmal einer, Dänemark sei flach. Aber wo es bergauf geht, geht es fast immer auch irgendwo wieder bergab. Für uns kommt bei Høve eine flotte Abfahrt, die Martin auf ca. 60km/h beschleunigt, Stephie tritt weniger mit und ist aber immer noch schnell genug.
In Vig kommen wir an einer Ansammlung von Supermärkten vorbei und beschließen, unsere Vorräte ein wenig aufzustocken. Während Stephie sich durch den Einkaufstempel schlägt, wartet Martin draußen bei den Rädern. Während er so da steht, parkt nebenan ein älteres Ehepaar mit seinem Auto ein. Auch hier geht die Dame einkaufen, während er im Auto sitzen bleibt und telefoniert. Als er fertig ist, steigt er aus und kommt auf Martin zu, fragt ihn aus, wo wir her kommen, wo wir hin wollen. Als er merkt, dass wir aus Deutschland sind, schaltet er sofort in ein nicht perfektes, aber schon sehr gutes Deutsch um und fängt an zu erzählen. Er sei damals noch zu Schulzeiten in den Ferien mit einem Fahrrad mit Gepäckträgern, die sein Vater ihm geschweißt hat, und einem Kumpel auf große Tour gegangen. Von Dänemark aus sei er damals bis nach Frankreich gekommen - bei deutlich schlechteren Straßen als heutzutage und natürlich mit nur einem Gang und auch sonst primitiver Fahrradtechnik. Wenn wir so an unseren Rädern herunterschauen, Schaltungen, Hydraulik, Scheibenbremsen und stabile Gepäckträger mit darauf passenden wasserdichten Taschen sehen, dann wirkt unsere Tour schon ein bisschen weichgespült. Aber das war nicht sein Ansinnen, er wollte einfach nur davon erzählen und es war sehr interessant. Sogar eine Segelpassage auf dem Segelboot von und mit Freunden war dabei. Wir sind gespannt, ob unsere Touren in 30 bis 40 Jahren genauso heldenhaft klingen werden.
In diesem Sinne wagen wir heute endlich mal eine Übernachtung nach unserem Campingführer "Overnatning i det Fri". Dazu steuern wir eine Adresse an, an der es ein Gestüt, einen großen Hund und mittendrin einen Platz für ein Zelt geben soll. Als wir dort ankommen, sehen wir erst einmal von all dem nichts. Das Wohnhaus an dieser Adresse scheint gerade im Umbau zu sein und es schaut nicht unbedingt so aus, als ob man hier auf zwei Reiseradler mit Zelt warten würde. Um wirklich sicher zu gehen, schauen wir uns dennoch kurz um, was tatsächlich der Hund bemerkt, von dem im Campingführer die Rede war. Das Tier ist nicht unbedingt in die Kategorie Kuscheltier einzuordnen und so sehen wir von Versuchen ab, durch den von ihm bewachten Garten bis zur Klingel vorzudringen. Stattdessen schauen wir im Campingführer nach weiteren Optionen, die aber nicht unseren Vorstellungen entsprechen, weswegen wir den nächstgelegenen gewöhnlichen Campingplatz ansteuern. Unsere Reise wird gerade wieder weichgespült: Dank GPS und Autorouting geht die Fahrt zum Campingplatz wahnsinnig direkt und flott, heute zeigt es sich mal wieder nicht zimperlich und führt uns auch über leicht sandige Landwirtschaftswege. Der Campingplatz mit Blick auf den Lammefjord ist nett, wir haben unsere eigene kleine Zeltanhöhe und finden auch dort diese Shelter, die wir an dem Rastplatz heute Morgen schon gesehen hatten. Hätten wir beim Anmelden schon gewusst, dass es die hier gibt, dann hätten wir sie durchaus mal ausprobieren können. Ein wenig ärgern wir uns darüber, dass wir hier die Skandinavische Campingkarte erwerben müssen, von der die Zeltplatztante immerhin behauptet, dass man mit ihr auf jedem Campingplatz Geld sparen würde. Unser Verdacht würde sich bestätigen, dass dem nicht so ist.

Lammefjord - Bramsnæs Bugt - Roskilde - Bognæs

Damm, der einen Fjord trockenlegtVikingerschiffsmuseum in RoskildeAm nächsten Morgen fahren wir weiter entlang des Lammefjords und sehen das, was man in Google Maps und auf Karten recht deutlich erkennen kann: Der Fjord ist künstlich verkleinert. An (mindestens) zwei Stellen wurde Land gewonnen, indem Deiche eingezogen wurden. Direkt, als wir den Campingplatz verlassen, kommen wir an einer dieser Stellen entlang. Erkennbar ist dies durch eine äußerst gerade Küstenlinie und den markanten Damm, der sich neben der Straße auftut. Heute ist offensichtlich Fjord-Tag. Auf die Karte schauend erkennt man, dass wir vom Lammefjord zum Holbæk fjord und weiter zur Bramsnæs Bugt fahren. Holbæk ist davor allerdings noch einmal eine größere Stadt, die es zu durchfahren gilt. Entsprechend unserer Beobachtung auf der Karte halten wir uns an den Fjordstien, einen Wander- und Radweg entlang der Fjorde. Obwohl die Straße hier etwas größer und mehr befahren ist, entschädigt die Fjord-Landschaft dafür ein bisschen. So ist auch die Überquerung der Munkholmbroen, der Munkholmbrücke also recht schick anzusehen, haben wir doch links und rechts von uns Wasser. Danach lässt die Schönheit aber nun wirklich nach. Wir nähern uns Roskilde und die Straßen werden größer und autogerechter. Immerhin haben sich die Dänen ein gewisses Konzept ausgedacht, wie man mit dem Rad halbwegs nervenschonend vorankommt. Zwar erscheint nicht jeder Abzweig auf Anhieb sinnvoll, meist kommt man aber kurz später dahinter, was sie sich dabei gedacht haben - und sei es nur die Unterquerung einer Straße, die anders eben nicht zu erreichen oder mit einer größeren Kreuzung verbunden gewesen wäre. Dennoch hilft uns im weiteren Verlauf das GPS gut weiter, fahren wir doch auf direktem und nettem Wege zum Hafen von Roskilde. Dort befindet sich das Wikingermuseum, das wir besuchen wollen.

Zeltwiese in ObstgartenAbendausflugDie ausgestellten Schiffe und die dazu erzählten Geschichten sind durchaus beeindruckend. Dazu laufen Filme über eine moderne Testfahrt eines Wikingerschiffs von Dänemark nach Irland. Im Außenbereich kann man selbst einige Schritte, die zum Schiffsbau nötig sind, nachvollziehen und nachmachen. Alles in allem können wir das Museum wirklich weiterempfehlen. Der Außenbereich hat leider den Nachteil, dass man dem Wetter ausgesetzt ist, das draußen nun mal so herrscht. Im Vergleich zu den letzten Tagen scheint es eher kälter als wärmer zu sein. Martin wünscht sich nun wirklich seine langen Radhosen herbei, die er eine Sommertour planend daheim gelassen hat. Die dann noch fallenden Tropfen wollen es partout nicht besser machen, genau wie der Wind, der vom Fjord her aufs Land weht. Und so gehen wir, nachdem wir das Museum in seiner Gänze durch haben, zu unseren Rädern zurück und suchen uns wärmere Klamotten raus. Um die vom Wetter etwas getrübte Stimmung etwas aufzupolieren, gönnen wir uns am Imbiss am Hafen einen Hotdog und anschließend sogar noch ein Eis. Immerhin scheint die Trockenheit anzuhalten. Da Roskilde aus mehr als nur dem Hafen besteht, fahren wir ins Zentrum hinauf. Die Stadt ist die ehemalige Hauptstadt Dänemarks, ehe Kopenhagen den Königssitz übernahm. Zentral steht der Dom von Roskilde, ein Bauwerk, das man schon aus der Ferne sieht. Unweit des Doms beginnt auch die Fußgängerzone, die als Zentrum gilt und die für Radfahrer freigegeben ist. Dank regelmäßiger Aufplasterungen wird übermäßige Geschwindigkeit vermieden, was an belebteren Tagen sicherlich sinnvoll sein kann. Als wir hindurchfahren, ist eher wenig los, der kalte Wind pfeift noch immer durch die Straßen und macht längeres Umherschauen unattraktiv. Dem Netto stattet Stephie dennoch einen Besuch ab, damit wir heute Abend etwas zu Essen haben. Anschließend suchen wir noch eine Toilette, die wir im Park nördlich des Doms finden. Alle Lebensnotwendigkeiten abgeschlossen habend rollen wir nun den Hang wieder herab und schauen nach, wie wir zu unserem nächsten "Overnatning i det Fri"-Versuch gelangen. Das GPS schlägt vor, ein Stück auf dem Fjordstien zu fahren. Tolle Idee, ein Singletrail mit hier und da ein paar hakigen Kurven mitten im Anstieg. Das Spielchen machen wir anfangs mit, bevorzugen dann aber doch wieder die Straße, die ebenfalls sehr zielführend ist. Wir fahren heraus bis nach Kattinge, wo wir diesmal tatsächlich auf der Obstwiese eines Privathauses mit angrenzendem Gestüt übernachten. Der Komfort speziell der "Sanitärräume" entspricht dem Preisunterschied dieser Übernachtungsmöglichkeit gegenüber einem echten Campingplatz. Aber gut, wir sind ja zum Campen hier.
Der Besitzer empfiehlt uns als Abendprogramm noch den Ausflug auf die angrenzende Halbinsel Bognæs. Staubige Pisten führen uns dort hin, die Räder rollen ohne Gepäck deutlich sprunghafter dahin. Der Tipp entpuppt sich als ein guter: Die Halbinsel ist ein Naturparadies, hier und da wuselt Wild durchs Gestrüpp, man hört keinen Zivilisationslärm weit und breit. Die Krönung fehlt leider. Der Mann vom Privatcamping hat uns auf das Adlernest hingewiesen. Die stolzen Vögel, die man auf Bildern in einem Infokasten sehen kann, sind heute aber leider ausgeflogen, nur das große Nest kann man erahnen. Wir beenden die Runde über die Halbinsel, fahren zu unserem Zelt zurück, kochen unser Abendessen und fallen dann müde ins Zelt.

Bognæs - Roskilde - Ganløse - Bistrup - Vedbæk Havn - Kopenhagen

Raddenkmal in Roskilde (mit zufälliger Ähnlichkeit mit dem Autor)Nördlich von KopenhagenDer nächste Tag führt uns erneut durch Roskilde, weil wir heute nach Kopenhagen wollen. Im Vorfeld hatte Martin gelesen, dass man recht angenehm von Norden her in die Stadt hineinfahren können soll und dass auch die Landschaft dort "oben" netter sein soll. Da der direkte Weg von Roskilde nach Kopenhagen nur rund 40km lang wäre, nehmen wir den Umweg über den Norden gern in Kauf. Die Strecke ist gut zu fahren und so machen wir erst in Ganløse unsere erste größere Pause für heute, kaufen ein, besuchen den örtlichen Bäcker und minimieren direkt unsere frisch aufgestocken Vorräte wieder ein wenig. In Farum merken wir, dass die Städte hier nun immer größer werden. Mitunter schwer verständliche Radregelungen empfangen uns und wir fahren in der Stadt auf einer Straße, die nicht aussieht, als ob sie für Radfahrer gedacht wäre. Aufs GPS schauend erkennen wir auch, dass es dort Parallelradwege geben soll, diese sind allerdings schwierig zu erreichen, weil viel mit Tunnels gearbeitet wurde. Das hat, wenn man erst mal auf dem Weg drauf ist, den charmanten Vorteil, dass man gut durchfahren kann. Aber unser Ausflug auf die ungeeignet ausschauende Straße hat auch so bald ein Ende und wir biegen ab auf kleine Pfade gen Bistrup. Diese Stadt wiederum umfahren wir südlich und gelangen in eine grüne Oase namens Vaserne. Dort führen kleine, aber gut fahrbare Wege durch den Wald, links und rechts von uns oft genug Wasser, es ist eine Sumpfgebiet. Danach rumpeln wir einige Kilometer durch den Wald, füllen uns Schuhe und Antrieb mit Sand, bevor wir an einem Golfplatz den falschen Abzweig nehmen, der bezüglich Sand aber der richtige sein dürfte. Wieder Asphalt unter den Rädern, halten wir kurz an, weil Martin meint, seine Schuhe ausleeren zu müssen. Tatsächlich, ein bisschen Sand purzelt heraus, sein Hinterrad hat wohl wirklich ein bisschen davon herauftransportiert und neben seinen Schuhen fallen lassen. Nun fahren wir zielstrebig weiter in Richtung Ostsee. Am Vedbæk Havn angelangt befinden wir uns dann auf einer Straße, die zwar mit ihrer Aussicht aufs Meer eigentlich ganz nett ist. Dafür (oder deswegen?) ist sie recht dicht befahren, vor allem von Autos, die auch nicht unbedingt mit viel Abstand überholen. Nach einigen Kilometern sehen wir dann doch immer wieder Wegweiser auf eine Parallelroute für Fahrräder, auf die wir dann schwenken. Etwas schade ist, dass man nun nicht mehr aufs Meer hinaussehen kann, das bleibt Autos vorbehalten.

Kopenhagen empfängt uns grünAber es rollt doch ganz nett dahin und immerhin gibt es keine nennenswerten Umwege gegenüber der Straße. Dass die Qualität leider hier und da etwas zu wünschen übrig lässt, sei nur am Rande erwähnt, wir sind inzwischen sicherlich ein wenig verwöhnt, hat doch Dänemark insgesamt schon eher gute Straßen. Und so kommen wir Kopenhagen immer näher. Wir wollen zentrumsnah einen Campingplatz nehmen und der Reiseführer und das GPS meinen, dass es da den Campingplatz Bellahøj geben soll, der zwar komfortmäßig nicht alles übertreffend sein soll, aber eben zentrumsnah und preislich in Ordnung. Also lassen wir uns dort hin führen, um schließlich vor einem Gelände zu stehen, das eher als Sport- oder Veranstaltungsplatz durchgeht als als Campingplatz. Na gut, der Platz soll wohl ein Festivalcamping im Sommer sein. Wir sind ja (wieder mal) im Herbst unterwegs und das Gelände macht einen eher verschlossenen Eindruck, wenn auch Leute darauf zu sehen sind - aber keiner ernsthaft mit Campingutensilien. Wir beschließen also, dieses Abenteuer nicht einzugehen, sondern zum nächsten Camping weiter zu fahren. Dieser ist zwar nicht direkt um die Ecke und wir müssen noch über einen kleinen Hügel aus der eigentlichen Stadt in einen Vorort hinaus, aber so bekommen wir noch einen längeren Eindruck vom Radfahren in Kopenhagen. Der Platz ist zwar nicht der günstigste, aber auch nicht superteuer und gemessen am Komfort geht der Preis erst recht in Ordnung. Ein großer Aufenthaltsraum gehört ebenso dazu wie kostenlose, saubere Duschen und Kochmöglichkeiten. All das nutzen wir heute Abend und freuen uns darauf, am nächsten Tag die Stadt zu erkunden. Auch unsere Klamotten waschen wir mal aus, schließlich war heute den ganzen Tag nettes Wetter, morgen wird das alles also sicher gut trocknen.

Kopenhagen

Pedalkraft, ja danke!Regen und Spaß dabei.In der Nacht hat es zu regnen begonnen, das Trommeln auf die Zeltplane war dem Schlafkomfort nur bedingt förderlich. Als es hell wird und wir zumindest von der Uhrzeit her wach sein könnten, wagen wir einen Blick aus dem Zelt. Um uns herum haben sich einige kleinere Seen gebildet, die aber noch voll oke sind. Unser Zelt steht auf einer kleinen Anhöhe in der Zeltwiese und somit hält sich die Bewässerung im Zelt in Grenzen. Eigentlich haben wir keine Lust zum Aufstehen, aber die Stadt lockt dann doch zu sehr. Wir werfen uns komplett in Regenklamotten - halt, nicht ganz komplett: Da wir keine wetterfesten Schuhe dabei haben, nehmen wir unsere Sandalen, von denen wir zumindest wissen, dass alles, was reinläuft, auch schnell wieder draußen ist. Martin freut sich zumindest, seinen Südwester wieder voll und ganz austesten zu können. Auch freut er sich über die Wasserdichtigkeit seines GPS-Spielzeugs, das uns trotz aller Unbilden des Wetters schnell und direkt zum Zentrum bringt und nur gelegentlich von einem Wasserschwall übergossen wird, der sich aus dem Südwester ergießt, sobald Martin aufs Display schaut.
Eine Sorge gilt unseren Rädern: Wo parken wir sie sicher. Diese Frage stellen wir in der Touristeninformation, was mit einem Lächeln und der entwaffnenden Antwort "We in Copenhagen park our bikes safely on the road." entgegnet wird. Nichtsdestotrotz überlegt die Dame kurz und kommt dann mit dem ein oder anderen Vorschlag, wo Räder gesammelt geparkt werden können. Auf dem Weg zu einem dieser Vorschläge finden wir eine U-Bahnstation mit daran angeschlossener Unterstellmöglichkeit für Räder - Bingo! Dort drin ist es auch trocken und wir können ein wenig vom Regen verschnaufen, unseren Krams neu ordnen, so dass er eher zum zu Fuß gehen passt als zum Radfahren.
Wir schauen uns die Stadt an, nehmen einige der klassischen Sehenswürdigkeiten und deutlich weniger gastronomische Angebote als letztes Jahr in Krakau mit, was einerseits daran liegt, dass wir die Geheimtipps nicht alle kennen, andererseits aber auch am Preis und unserer studentischen Knausrigkeit. Da wir uns vorgenommen haben, am nächsten Tag in einem netten Restaurant einzufallen, begnügen wir uns heute Abend mit einer netten Pizza aus einer Pizzeria auf dem Rückweg zum Campingplatz. Am Abend schreiben wir Karten im Aufenthaltsraum und freuen uns auf hoffentlich besseres Wetter am nächsten Tag. Als Martin mitten in der Nacht aufwacht, weil er für kleine Reiseradler muss, schaut er auch direkt nach der Wäsche, die im nicht gerade schwachen Wind auf der Leine wackelt. Ein Großteil davon ist trocken und in der Angst vor weiterem Regen am nächsten Morgen pflückt er einiges jetzt, bevor es womöglich wieder nass wird.

Cycle ChicZelt bei Trockenheit in KopenhagenUnser zweiter Tag in Kopenhagen ist allerdings wirklich besser und wir kennen uns inzwischen ein bisschen aus, schauen uns von einigen Dingen noch einmal die trockene Version an und lassen uns ein wenig treiben. Am Abend gehen wir dann wie geplant in ein Restaurant, das Riz Raz an der Store Kannikestræde, das ein vegetarisches "All you can eat"-Buffet bietet, das preislich angesichts der leckeren Speisen vollkommen in Ordnung ist.
Danach fahren wir zum Zeltplatz zurück - im Regen. Das hätte es nun wirklich nicht gebraucht, aber das Wetter ist unerbittlich. Um den Abend nicht in der Nässe verbringen zu müssen, setzen wir uns wieder noch in den Aufenthaltsraum, um weitere Karten zu schreiben und uns mit einem anderen Campingplatzbewohner zu unterhalten.
Schließlich müssen wir dann aber doch ins Zelt, wir wollen ja auch schlafen, ob es nun regnet oder nicht. Der Regen trommelt mit starkem Wind die ganze Nacht über und lässt Böses über den Zustand der Zeltwiese am nächsten Morgen ahnen.

Kopenhagen - Køge - Stevens Fyr - Rødvig

Und so sieht es dann in der Tat auch aus. Mit unserer minimalen Anhöhe haben wir noch Glück, obwohl unsere Taschen bereits im Wasser stehen. Zum Weg gelangen wir nur noch in Sandalen, die bei jedem Schritt ein matschendes Geräusch abgeben, während das hereinschwappende Regenwasser die Füße umspült. Immerhin zeigt sich nun die Sonne und somit schwillt der Minisee nicht noch weiter an. Ganz trocken bekommen wir wohl heute dennoch nicht alles, aber angesichts der klatschnassen Nacht hätte es wohl mit anhaltendem Dauerregen noch deutlich schlimmer sein können. Wir geben dem Krempel noch ein paar Minuten Zeit, während wir im trockenen Aufenthaltsraum frühstücken, dann kümmern wir uns ums Zelt. Um das Gefühl von Trockenheit zu bekommen, fahren wir anschließend mit gepackten Rädern noch ein letztes Mal zu den Sanitärräumen und waschen unsere Füße gründlich, trocknen sie schön ab und stopfen sie dann in noch trockene Radschuhe. Hat es geregnet? Wir merken da nix mehr von.

HerbstalleeFrühherbstliches FarbenspielFuhren wir bislang auf unser Ziel Kopenhagen zu, so ist es ab jetzt eigentlich die Heimreise. Wir verlassen die Stadt gen Südwesten, da wir zur Fähre nach Gedser wollen. Mit der Kombination aus Karte und GPS sind wir schnell wieder an der Ostseeküste, an der wir entlang nach Køge fahren, um uns dort noch einmal ordentlich einregnen zu lassen. Da der Regen vorübergeht, nutzen wir unsere unfreiwillige Pause und machen sie zu einer freiwilligen längeren, schauen uns in der Stadt um und fahren danach weiter. Wir kämpfen uns ziemlich gegen Wind voran, so richtig flott will es heute nicht laufen. Spaß macht es damit zwar schon noch, aber netter ist es, wenn man das nicht den ganzen Tag machen muss. Da Stephie auch noch sagt, dass es hier langsam so etwas wie eine Steilküste geben soll, die durchaus sehenswert sein dürfte, planen wir kurzerhand um. Statt stur gegen oder schräg gegen den Wind nach Süden zu fahren, biegen wir nun nach Osten ab und haben ab sofort Rückenwind, was die Sache doch deutlich angenehmer macht. So rauschen wir eine Weile mal flotter dahin. Leider will es an der Küste angekommen nicht sofort so richtig mit der Steilküste klappen. Erst fahren wir in eine Sackgasse, wo kleine Wohnhäuser die Sicht und den Weg zur Steilküste versperren, dann stehen wir vor einer Art Kreideabbau, wo man zwar sieht, wie herrlich weiß der Stein hier ist, aber eine Steilküste ist doch noch interessanter. Wir tasten uns also auf der Küstenstraße weiter nach Süden, um schließlich an Stevens Fyr, einem Leuchtturm, fündig zu werden. Von hier aus sieht man zwar auch die Steilküste eher schlecht, aber der Ausblick aufs Meer in dieser Höhe ist schon beeindruckend. Nach diesem Highlight steuern wir den nächsten Campingplatz an, in Rødvig soll es einen geben. Zwar fahren wir nun auch wieder mit schrägem Wind, aber es ist ja nicht mehr weit. Der Campingplatz ist nett, ruhig, im etwas älteren, aber nicht ungepflegten Stil. Auch hier gibt es Kochmöglichkeiten und Aufenthaltsraum, die wir auch hier wieder nutzen. Wir haben immer noch Karten, die geschrieben werden wollen. Als wir damit fertig sind, zappt Martin noch ein bisschen sinnlos durch das dänische Fernsehprogramm an der überdimensionierten Flachbildglotze, bevor wir dann beschließen, dass wir müde genug sind zum Schlafen. Hier wiederholt sich jedoch das Kopenhagener Bild: Es ist windig und regnet wie blöde in der Nacht, so dass das Trommeln auf die Zeltplane erneut keine all zu ruhige Nacht beschert.

Rødvig - Præsto - Stege - Liselund Park - Møn - Bogø By

Am nächsten Morgen ist die Wiese aber nicht so ersoffen wie in Kopenhagen - das ist doch mal was. Nach Frühstück und Einpacken geht's also wieder auf Tour, weiter gen Süden. Seit Kopenhagen folgen wir immer wieder dem Radfernweg Berlin-Kopenhagen, der meist ganz passabel ausgeschildert und zu fahren ist. Nur hier und da kürzen wir den Verlauf der Radroute ab, wenn der auf dem GPS ersichtliche Verlauf doch ein paar Haken zu viel schlägt. Nachdem wir nun alle unsere Karten geschrieben haben, stehen wir nun vor der Aufgabe, sie auch an einer Post loszuwerden. Die erste echte Stadt, die wir heute erreichen, ist Præsto. Wie sich das gehört, ist dort gerade Mittagszeit und die Post ist geschlossen, war ja klar. Wir fahren dennoch kurz durch die Stadt, halten uns aber nicht lange dort auf. Viele andere große Städte kommen erst mal nicht, wir folgen dem Radfernweg weiter und kommen so zur Insel Møn. Eine schicke und windige Brücke bringt uns herüber. Der Wind bläst so stark von der Seite, dass Stephies Kartentasche auf und ab schlägt und dabei schließlich den Tacho aus seiner Halterung drischt, so dass er herunterfällt. Stephie hat aber Glück im Unglück: Der Tacho hat weder Bestrebungen, durchs Gitter ins Wasser zu springen, noch möchte er sich todesmutig vor ein Auto auf der Fahrbahn werfen. Er purzelt einfach auf den Radweg, wird dort auch von Stephie nicht überfahren und funktioniert zu allem Überfluss auch noch.

Kirche am WegesrandBrücke zur Insel MønDa wir in Sachen Steilküste inzwischen ja Lunte gerochen haben, wollen wir nun auch die Steilküste von Møn sehen. Dazu drehen wir erneut von unserer Südfahrt ab gen Osten. Und wie schon am Vortag erfasst uns der Rückenwind und bläst uns in Windeseile über die Straßen nach Stege. Dort ist die Postfiliale im Supermarkt untergebracht und Stephie investiert einige unserer Kronen und noch viel mehr an Zeit, um all die Briefmarken eigenhändig aufzukleben, während Martin draußen wartet und darauf achtet, dass die Räder nicht vom Wind umgeblasen werden. Anschließend geht's weiter gen Osten. Die Straße hügelt daher, der Wind kommt weiterhin von hinten, schafft es aber nicht, uns jeden Berg herauf zu drücken. Da unser Programm für heute noch nicht straff genug ist, statten wir auch noch dem Liselund Park einen Besuch ab. Dieser Park gehört zu einem Lustschloss und im Park stehen verschiedene auf International gemachte Pavilions. Witzig ist schon, dass dort alle Häuschen (z.B. eine Schweizer Hütte) mit Reetdächern versehen sind, nur beim japanischen Pavilion hat man sich das verkniffen. Schick ist es hier.
Und nun fahren wir weiter zu den echten Klippen "Møns Klint". Die Asphaltstraße hört auf und eine Naturpiste, wie man sie von Schweden und anderen skandinavischen Ländern kennt, führt zum Besucherzentrum. Dort parken wir die Räder, der letzte Abschnitt ist nur zu Fuß zu bewältigen. Und Tatsache, hier kann man nun echte große Kreidefelsen sehen, sehr beeindruckend. Es hat sich gelohnt. Wir machen einige Fotos, wandern dort umher und schauen dann mal auf die Uhrzeit. Es ist doch schon spät geworden, 17:30 Uhr und der nächste Campingplatz ist auch ein gutes Stück entfernt. Also dann mal los.

Klippen an der Insel MønUnsere einzige Panne der ReiseZumindest geht es erst mal vor allem bergab. Die Klippen hatten doch eine beachtliche Höhe. Da wir wissen, dass es nach Verlassen des Waldes nun stramm gegen den Wind gehen wird, ist Martin um so penibler, was den Leichtlauf des Rades angeht und will noch mal seine Kette ölen. Dabei hört er ein leises Zischen. Sein Verdacht bestätigt sich, sein vorderer Schlauch hat ein Loch. Obwohl dies der erste Platten für Martin auf einer Radreise ist, hat er die Lage in einer guten Viertelstunde im Griff, während Stephie sich um die Kette gekümmert hat. Ein winziges Glasstück hatte sich durch den Reifen gebohrt - wo das auf dieser Naturpiste herkam, ist unklar. Für eine ungewünschte Verzögerung hat es allemal gesorgt. Wir müssen uns was einfallen lassen. Und so jagt kurz danach ein kleines Radrennen mit zwei vollbepackten Teilnehmern über kleine dänische Straßen gegen den Wind, Martin vorn, Stephie hinterher und gelegentlich hört man Stephies Vorderreifen an Martins Hinterreifen anstoßen, weil wir zu unserer Effizienzsteigerung das Windschattenfahren zur Perfektion zu treiben versuchen. Das klappt gut, wir kommen wirklich flott voran.
Nachdem die Sonne schon ein paar Minuten unterm Horizont verschwunden ist, kommen wir am Campingplatz an, den wir uns ausgesucht haben. Blöd ist nur, dass dieser geschlossen ist. Noch blöder ist, dass der nächste Platz auf unserer Route hinter einer Fähre liegt, die um diese Uhrzeit schon nicht mehr fährt. Noch blöder ist nur, dass wir erst mal keine Ahnung haben, wo wir nun unterkommen werden und dass keiner in dem am Campingplatz gelegenen, beleuchteten Haus aufs Klingeln reagiert, um uns vielleicht einen Tipp zu geben. Im GPS findet Martin ein Zelt-Symbol knapp neben unserer weiteren Route. Versuch macht kluch, sagen wir uns und probieren's eben. Inzwischen fahren wir schon eine Weile durch die Dunkelheit und auch Hunger macht sich breit. Wildzelten ist angesichts der Nässe der vergangenen Tage, der vielen unter Wasser stehenden Wiesen und der eh eher beschränkten Platzauswahl eine schlechte Option. Wir kommen an den Abzweig zu dem Zeltsymbol auf der GPS-Karte. Ein Campingplatz ist hier nirgends ausgeschildert. Wir probieren's dennoch und stehen nun an Bauernhäusern, in denen Licht brennt. Wir leuchten ein wenig umher, ob sich nicht vielleicht doch etwas auftut, da sprechen uns die Bewohner des ersten Hauses an, die uns durchs offene Fenster bemerkt haben. Wir haben schon vorher bemerkt, dass ihre Autos Berliner Kennzeichen haben, sie scheinen auf Urlaub dort zu sein. Wir schildern unsere Lage, der Verdacht kommt auf, dass wir gerne ein Bed&Breakfast hätten. Sie verweisen uns an ihren Vermieter, der gleich im Nachbarhaus wohnt und super Deutsch spricht. Er sucht uns etwas in der Stadt raus, ruft sogar an, meldet und dort an. Wir sind einigermaßen zufrieden, als wir beim Wegfahren von den Deutschen noch einmal angesprochen werden. Sie hätten sich überlegt, dass sie doch eigentlich mehr als genug Platz hätten, wo wir schlafen könnten. Der Irrtum, dass wir unbedingt ein Bed&Breakfast haben wollten, klärt sich auf, der Vermieter storniert unsere Anmeldung in der Stadt, bereitet uns noch ein nicht ganz fertiggestelltes Zimmer in dem Ferienhaus, die Deutsche laden uns zum Abendessen ein, wir plaudern sehr nett, bevor wir schließlich nach unserer längsten Etappe von 142km recht müde in unsere Schlafsäcke auf den bereitgelegten Matratzen kriechen.

Bogø By - Stubbekøbing - Nykøbing Falster - Gedser

Alte Holzfähre nach StubbekøbingDänemark bei StrahlewetterAm Morgen laden unsere Gastgeber uns auch zum Frühstück ein, wir legen von unseren Vorräten auch etwas dazu, plaudern noch ein wenig und verabschieden uns dann in Richtung Fähre, die heute bei Helligkeit wieder fährt. Der Anleger ist überhaupt nicht weit weg und wir haben noch ein paar Minuten, bis die alte Holzfähre dann kommt. Der Fährbetrieb wird von einem Verein aufrecht erhalten, ein paar rüstige ältere Herren kümmern sich liebevoll um die Fähre und den Betrieb. Und so schippern wir zu unserer letzten dänischen Insel herüber, wo uns Stubbekøbing erwartet. Dort gehen wir kurz einkaufen und begeben uns dann auf die Berlin-Kopenhagen-Radroute. Heute werden wir die Fähre nach Deutschland erreichen und nehmen, so dass wir morgen bequem den Zug von Rostock zurück nach Hause erreichen können. Und so hat der letzte Tag in Dänemark keine großen Highlights mehr zu bieten. Als letzte größere Stadt fahren wir noch durch Nykøbing Falster, wo wir auch mal einen viel zu großen Supermarkt namens Kvickly besuchen, um dort alles einzukaufen, was wir noch an nordischen Besonderheiten mitnehmen wollen. Danach merkt man der Strecke an, dass es eine Landschaft ist, durch die sich im Takt der Fähren der Verkehr von und zu den selbigen hindurch schiebt. Eine Weile fahren wir an der Hauptstraße entlang auf einem Radweg. Etwas schöner wird es, als wir in Marrebæk davon abzweigen können. Das macht die Strecke zwar wieder etwas länger, aber durchaus netter. Immer noch nicht so nett ist der Gegenwind und der teils recht rauhe Asphalt. Aber beide Herausforderungen wissen wir zu meistern, kommen in Gedsby wieder auf die Hauptstraße und fahren die letzten paar Kilometer zur Fähre. Unser Dänemark-Urlaub ist zu Ende, als wir die Räder im Bauch der Fähre geparkt haben und es uns auf dem Deck bequem gemacht haben, die Möwen an der Fähre segeln und wir die Umrisse der Gebäude von Gedser langsam verschwinden sehen. Unsere Reise ist zu Ende.

Fazit

Eine schöne Tour bei durchwachsenen, aber insgesamt schönem Wetter. Für mich die erste Mehrtagestour mit einem Aufrechtrad, was einerseits schon Spaß macht, weil ich damit andere Wege fahren kann und fahre als mit meinen Liegerädern. Mir fehlt dabei allerdings das leichte Vorankommen speziell bei Gegenwind, was noch verschmerzlich wäre, wenn mein Hintern den Anforderungen eines Fahrradsattels gewachsen wäre ;-) Unsere Tourenlänge haben wir diesmal glücklicherweise besser in den Griff bekommen, so dass wir abgesehen von der vorletzten Etappe keine Monsteretappen dabei hatten und die Tour genießen konnten.
Die Tour war die erste, die wir sowohl mit Karte als auch mit GPS gefahren sind. Eine schöne Hilfe auch für gemütliche Touren, auf die man garantiert verzichten kann, die aber Stadtdurchfahrten erleichtert. Werden die Akkus am Nabendynamo geladen, dann muss man zumindest auch nicht ständig nach Steckdosen suchen. Kurz gesagt: Gut gelaufen, hat Spaß gemacht!


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