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Reersø - Fugledegård - Ubby - Vesterlyng - Lammefjord

Alte Häuser in ReersøSteilküste in ReersøUnd so ist es auch. Unterstützt wird dies dadurch, dass wir uns nun endlich mal einreden, Urlaub zu haben. Somit reisen wir nicht sofort ab, sondern gehen noch eine Runde auf der Halbinsel spazieren. Es sieht aus, als sei die Zeit stehen geblieben, historisch und dennoch nicht museal. Vom Spaziergang zurück packen wir unser Gepäck wieder zusammen und machen uns auf die Räder. Da wir noch nicht alles gesehen haben, wollen wir nun noch schauen, ob wir nicht einen Küstenweg nehmen und so die Halbinsel umrunden können. Am Hafen angekommen sieht dies anfangs zwar schwierig, aber nicht unmöglich aus. Unsere Hoffnungen schwinden allerdings, als Martin sich in bester Mountainbike-Manier darin versucht, durch den äußerst groben Schotter, wenn nicht gar aus großen Steinen bestehenden Weg zu fahren. Die Aktion ist mehr ein Balance- und Kraftakt, wir belassen es dabei und fahren anders herum zum Strand. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise brauchen wir keine Knielinge, es ist warm. Stephie möchte dies nutzen, um die Füße ins Ostseewasser zu tauchen. Nach einem kurzen Abstecher zur "Ministeilküste" fahren wir also zum Strand und Stephie bekommt, was sie möchte. Martin ist unterdessen etwas von der auf ihn einprasselnden Sonne erschlagen und schaut sich das Schauspiel vom Strand aus an. Als wir so dort stehen beziehungsweise sitzen, legt ein älteres Pärchen mit zwei Seekajaks an, schlüpft aus den Neoprenklamotten und zieht die Boote an Land. Seekajakfahren scheint ein recht beliebter Sport zu sein, man sieht sie dort hin und wieder mal.
Schließlich fahren wir aber auch von dort aus wieder weiter. Wir wollen in Richtung Roskilde, wissen aber, dass wir das heute nicht schaffen werden - wollen wir aber auch nicht. Stattdessen kommen wir am See Tissø an einer Art Museum mit angeschlossenen naturverbundenen Übernachtungsmöglichkeiten in Sheltern vorbei. Eigentlich wollen wir uns nur kurz umschauen am Fugledegård, als wir von einem Mitarbeiter auf Dänisch angesprochen werden, ob wir wegen der Übernachtung in den Sheltern hier sind. Wir verstehen ihn erst nicht so recht, er wiederholt es in Englisch, womit wir in der Lage sind, ihm zu antworten, dass wir eigentlich nur schauen und Pause machen wollen. Er ist total freundlich und sagt, wir sollten uns wie zu Hause fühlen, als ob alles uns gehörte. Und so nutzen wir die Sitzgelegenheiten um unser Mittagsbrot zu essen, in die Landschaft zu schauen und zu verweilen.
Wir fahren weiter gen Norden und kommen bei Ubby auf einen ausgeschilderten Radweg. Auf unserer Straßenkarte ist er nicht eingezeichnet, in der GPS-Karte allerdings schon und so sehen wir, dass er genau dort hin führt, wo wir auch hin wollen. Überrascht sind wir dann allerdings schon von der Größe des Weges. Schon bei den Absperrungen an Anfang und Ende des Pfades passen wir mit den Lowridertaschen eher eng durch, danach rollen wir über einen fast vollständig grünen Weg, der nur eine schmale, Spur bietet, die kaum breiter ist als unsere Reifen. Auf dieser Spur zirkelnd fährt es sich aber gut und nur die Taschen streifen permanent durchs Gras, das sich den Rest des Weges angeeignet hat.

MittagspauseStephie und Martin werfen mit Schatten um sichSchließlich geht es aber nach ein paar Kilometern wieder auf asphaltierten kleinen Sträßchen weiter und wir kommen gut voran. Bei Eskebjerg finden wir das Naturschutzgebiet Vesterlyng, Seelands größte Heide, die wohl auch noch mit zwei Wanderdünen bestückt ist. Für uns auffällig ist, dass wir uns auf Meeresniveau bewegen, es eher nass neben den Straßen aussieht und allerhand Tiere zu sehen sind. Gleichzeitig nähern wir uns so auch wieder der Küste, fahren nach Havnso und bleiben ab da auch an der Küste. Das bedeutet aber nicht, dass es eben wäre, wir fahren ständig leicht wellig daher. Gerade noch auf Meeresniveau schleppen wir uns und unser Gepäck kurz später auf 50 bis 60m Höhe, sage noch einmal einer, Dänemark sei flach. Aber wo es bergauf geht, geht es fast immer auch irgendwo wieder bergab. Für uns kommt bei Høve eine flotte Abfahrt, die Martin auf ca. 60km/h beschleunigt, Stephie tritt weniger mit und ist aber immer noch schnell genug.
In Vig kommen wir an einer Ansammlung von Supermärkten vorbei und beschließen, unsere Vorräte ein wenig aufzustocken. Während Stephie sich durch den Einkaufstempel schlägt, wartet Martin draußen bei den Rädern. Während er so da steht, parkt nebenan ein älteres Ehepaar mit seinem Auto ein. Auch hier geht die Dame einkaufen, während er im Auto sitzen bleibt und telefoniert. Als er fertig ist, steigt er aus und kommt auf Martin zu, fragt ihn aus, wo wir her kommen, wo wir hin wollen. Als er merkt, dass wir aus Deutschland sind, schaltet er sofort in ein nicht perfektes, aber schon sehr gutes Deutsch um und fängt an zu erzählen. Er sei damals noch zu Schulzeiten in den Ferien mit einem Fahrrad mit Gepäckträgern, die sein Vater ihm geschweißt hat, und einem Kumpel auf große Tour gegangen. Von Dänemark aus sei er damals bis nach Frankreich gekommen - bei deutlich schlechteren Straßen als heutzutage und natürlich mit nur einem Gang und auch sonst primitiver Fahrradtechnik. Wenn wir so an unseren Rädern herunterschauen, Schaltungen, Hydraulik, Scheibenbremsen und stabile Gepäckträger mit darauf passenden wasserdichten Taschen sehen, dann wirkt unsere Tour schon ein bisschen weichgespült. Aber das war nicht sein Ansinnen, er wollte einfach nur davon erzählen und es war sehr interessant. Sogar eine Segelpassage auf dem Segelboot von und mit Freunden war dabei. Wir sind gespannt, ob unsere Touren in 30 bis 40 Jahren genauso heldenhaft klingen werden.
In diesem Sinne wagen wir heute endlich mal eine Übernachtung nach unserem Campingführer "Overnatning i det Fri". Dazu steuern wir eine Adresse an, an der es ein Gestüt, einen großen Hund und mittendrin einen Platz für ein Zelt geben soll. Als wir dort ankommen, sehen wir erst einmal von all dem nichts. Das Wohnhaus an dieser Adresse scheint gerade im Umbau zu sein und es schaut nicht unbedingt so aus, als ob man hier auf zwei Reiseradler mit Zelt warten würde. Um wirklich sicher zu gehen, schauen wir uns dennoch kurz um, was tatsächlich der Hund bemerkt, von dem im Campingführer die Rede war. Das Tier ist nicht unbedingt in die Kategorie Kuscheltier einzuordnen und so sehen wir von Versuchen ab, durch den von ihm bewachten Garten bis zur Klingel vorzudringen. Stattdessen schauen wir im Campingführer nach weiteren Optionen, die aber nicht unseren Vorstellungen entsprechen, weswegen wir den nächstgelegenen gewöhnlichen Campingplatz ansteuern. Unsere Reise wird gerade wieder weichgespült: Dank GPS und Autorouting geht die Fahrt zum Campingplatz wahnsinnig direkt und flott, heute zeigt es sich mal wieder nicht zimperlich und führt uns auch über leicht sandige Landwirtschaftswege. Der Campingplatz mit Blick auf den Lammefjord ist nett, wir haben unsere eigene kleine Zeltanhöhe und finden auch dort diese Shelter, die wir an dem Rastplatz heute Morgen schon gesehen hatten. Hätten wir beim Anmelden schon gewusst, dass es die hier gibt, dann hätten wir sie durchaus mal ausprobieren können. Ein wenig ärgern wir uns darüber, dass wir hier die Skandinavische Campingkarte erwerben müssen, von der die Zeltplatztante immerhin behauptet, dass man mit ihr auf jedem Campingplatz Geld sparen würde. Unser Verdacht würde sich bestätigen, dass dem nicht so ist.

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