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6. Etappe: Höör - Delary

Die letzte Nacht wäre eigentlich fast schon zum Abgewöhnen gewesen: Abends noch allerhand Mücken (die mich auch zeitig ins Zelt scheuchten), massig anderes unfreundliches Kleingetier (Insekten, keine Elche, Bären, Schlangen oder Dinos) und gegen 2 des Nächtens drückte die Blase, so dass ich mit einer etwas müden LED-Funzel durchs nächtliche Unterholz stolperte, woraufhin wieder das Tierzeugs auf mich einstürzte. Im Wald ist es nicht mehr so hell wie sonst im Norden... Zwischendurch regnete es auch ein paar Schauer, alles in allem also nicht total witzig, aber andererseits auch recht ungefährlich.
Am Morgen dann Frühstück, man gewöhnte sich langsam an Brot mit Nutella und Saft aus dem Kanister. Krempel zusammengepackt und wieder rauf auf die Straße. Mein Rad knarzte wieder. Das tat es auch schon vor der Abreise, zu dem Zeitpunkt habe ich aber noch nicht herausgefunden, woran es lag. Irgendwo vorn, in Richtung Antrieb, was die Sache nicht besser macht. Da äußerlich nichts zu sehen war, was es sein könnte, ging der Verdacht immer weiter in Richtung Schaltnabe. Da ich dieses Problem schon eher nach Hause gemeldet hatte, kam dann ebenso besorgt per SMS eine Zerlegeanleitung für die Nabe mit dem Werkzeug, was ich dabei habe (wer den Film "Apollo 13" kennt, weiß, wie das so etwa ausgesehen haben könnte). Dazu war jedoch ein Radhändler zwecks Schraubstock und eventueller Hilfestellung nötig. In Tyringe wurde ich nicht fündig, dort hatten sogar einige der Befragten arge Probleme, mir in Englisch zu helfen. Hier also nix, drum weiter gen Hässleholm, um dort zu suchen. Bevor es dort aber in die Stadt hineinging, hielt ich noch einmal auf einem Parkplatz an der Straße an und nahm den gesamten Antrieb erneut unter die Lupe - mit Erfolg: Alles, was hier knarzte, war das Schaltwerk, welches nach circa 30.000 km und verhältnismäßig wenig Pflege in den Gelenken etwas trocken geworden war. Wenn nun also beim Flevo getreten wurde, dann federte dank der Unwucht meiner Beine die Vorderradgabel, die Kettenlänge änderte sich durch das Federn minimal, was das Schaltwerk, welches die Kette straff hält, dann eben zum Knarzen veranlasste. Was ich dabei hatte, war das Kettenöl, welches ich nun vorsichtig auf die Gelenke träufelte, womit dann wenigstens vorübergehend Ruhe war. Obwohl es später noch einmal beginnen sollte, verunsicherte es mich nun lange nicht mehr so, wie es das tat, als ich die Ursache noch nicht kannte.
In Hässleholm fuhr ich an die erste Tankstelle heran, die ich sah, um meine Trinkflasche (der Kanister war noch gut gefüllt) auffüllen zu lassen. Die Wärme dieses Tages ließ mich schon allerhand davon trinken. In der Tankstelle meine Standardfrage "May I have some drinking water, please?", die hier von einem überschwänglichen "Definitely!" beantwortet wurde. Die Kassiererin meinte zu mir, während sie die Flasche füllte, dass es doch ziemlich heiß sei zum Radfahren, was ich verneinte und kurz später schob ich auch noch nach, dass es doch hier im Norden eh immer etwas kühler sei. Daraufhin grinste sie nur und fragte, wo ich denn herkomme. Na gut, für schwedische Verhältnisse ist Hässleholm ja auch wirklich einer der südlichsten Punkte.
Zum Vergrößern anklicken Nach einer kleinen Stadtrundfahrt ging ich das erste Mal in Schweden einkaufen. Dazu hatte ich mir einen typisch schwedischen Supermarkt ausgewählt - Lidl. Bananen und Schokolade als Energielieferant, was sich im Laufe der Reise zu meinem Mittagessen entwickeln sollte.
Nachdem ich mich aus der Stadt herausgefunden hatte, kam ich auf die Straße Nummer 23 (hm, Bundesstraßen kann man ja schlecht sagen, sind das in Schweden Staatsstraßen?) nach Osby, die ich aber wegen dem dichten Verkehr nicht unbedingt fahren wollte. Deswegen benutzte ich die kleineren Straßen links der 23. Das klappte auch bis kurz hinter Osby hervorragend, aber dann wurden die Straßen zu Schotter- und Sandwegen, so dass ich das erste Mal auf meiner Tour schieben musste, weil ich bergauf Traktionsprobleme bekam. Das Rad und der ganze Hänger sahen heftig aus, alles versandet, mit einer nicht mehr nur feinen Staubschicht überzogen. Daher versuchte ich, diese Strecke schnellstmöglich zu verlassen, was mir glücklicherweise auch gelang. In Delary, welches ich mir schon am Vorabend auf der Karte als potentielles Übernachtungsziel ausgeguckt hatte (Badestelle), fragte ich auch gleich nach eben jener Badestelle und nur wenige Minuten später war ich am Punkt meiner nächsten Übernachtung angekommen. Zum Vergrößern anklicken Eine flauschige Wiese, auf der bereits die Zelte von zwei schwedischen Kanuten standen, ein Steg, der das Baden noch weiter erleichterte, zwei Feuerstellen und, was ich mir daheim kaum vorstellen könnte, ein Toilettenhäuschen mit Toilettenpapier, Vorleger vor der Schüssel, einer Flasche Handseife an der Seite und das alles absolut sauber. Ich war begeistert. Nachdem ich das Rad samt Hänger auf der Zeltwiese geparkt hatte, ging ich sofort baden, um mich wieder etwas frischer zu fühlen und um den Dreck, der sicher nicht nur am Rad haftete, loszuwerden. Nachdem ich wieder aus dem Wasser gestiegen war, sprach mich ein älteres Ehepaar sofort auf deutsch an, fragte, woher ich bin, womit ich hier reise und so weiter. Als ich ihnen erzählte, dass ich per Liegerad unterwegs bin, meinten sie sofort, dass sie unterwegs so einen gesehen hätten, mit Hänger dran. Schließlich einigen wir uns darauf, dass sie mich also schon mal gesehen haben. Sie selbst kommen aus Berlin, einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein, welches sogar einen Kudamm haben soll. Nachdem ich sie noch über die Unterschiede zwischen Liegerädern und Choppern aufgeklärt hatte, verabschiedeten wir uns voneinander, ich ging mein Zelt aufbauen und anschließend kochen. Reis ist klasse, ich hatte Beutelreis dabei, kochte den erst einmal und während ich diesen aß, habe ich das zwar leicht getrübte, aber dennoch nicht schlechte und vor allem schon sehr warme Wasser dazu genutzt, um Suppe daraus zu kochen, womit sich ein leckeres Abendessen ergab. Am Abend, zwischen Kartenstudium und Tagebuchschreiben entdeckte ich dann an meinem linken Fuß eine Zecke, die sich in den Zeh gebohrt hatte. Ich war weder geimpft, noch hatte ich eine Pinzette oder gar Zeckenzange dabei, was schon zu einer gewissen Panik führte. Bei meinem Versuch, sie zu entfernen, blieb erwartungsgemäß der Stachel hängen, was die Situation nicht verbesserte. Nun ja, sämtliche "Experten" sagten mir auf Nachfrage, dass es nur kritisch ist, wenn die Stelle sich rötet, was sie glücklicherweise nicht tun sollte. Aber eine Verunsicherung fuhr dennoch weiter mit.
Gefahrene Strecke: 120,57 km
Zeit: 6:43:06 h
Schnitt: 17,94 km/h
Höchstgeschw.:51,5 km/h
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