Ostsee 2004 (19.7.-29.7.)
Nach einigen Überlegungen zu meiner diesjährigen Sommertour per Rad kristallisierte sich schließlich die Ostseeküste als Reiseziel heraus.
Vor rund 15 Jahren war ich bereits mit meinen Eltern auf der Halbinsel Darß gewesen, doch seitdem nie mehr, also mal schauen, ob ich dort
noch was wiedererkenne...
Mein Reisemobil war wie schon im Vorjahr mein Flevobike mit BoB-Anhänger. Mit diesem Rad ging es am Montag, 19. Juli, los.
Olbersdorf - Cottbus:
Um 8 Uhr fahre ich also auf meine erste Etappe auf dem Weg an die Ostsee. Bei unbeständig aussehendem Wetter führt mich mein Weg durch
Zittau, immer entlang der Neiße bis Hirschfelde. Hinter Hirschfelde, in Rosenthal, beginnt ein sagenwirmal naturbelassenes Stück des
Neißeradweges, welches landschaftlich sehr schön, jedoch nach Regenschauern mitunter recht schlammig ist. Da an den Tagen vor meiner Abreise
Regen keine Seltenheit war, bemühe ich mich, dieses Stück über die Orte Dittelsdorf und Schlegel auf ruhigen Nebenstraßen zu umfahren.
Mittlerweile war aus dem unbeständigen ein sonniges Wetter geworden, so dass ich erst einmal Sonnencreme auftrage, bevor ich dann kurz vor Ostritz
auf die B99 fahre, die sich von dort an bis nach Ostritz hinein ins Tal schlängelt. Ab Ostritz ist dann der Neißeradweg bis Görlitz recht gut
befahrbar, nördlich von Görlitz benutze ich dann die wenig befahrene und trotzdem gut asphaltierte Straße nach Rothenburg, die mich unter
anderem am östlichsten Punkt Deutschlands vorbeiführt.
Hier geht es gut voran, der Wind bläst ostwärts, ich habe also Seitenwind.
Hinter Rothenburg verlangsamt sich meine Fahrt dann, da der Seitenwind nun in einen schrägen Gegenwind verwandelt hat. Immer an der
Grenze zu Polen entlang fahre ich nach Krauschwitz bzw. Bad Muskau. Die morgendliche Sonne hat nun wieder nachgelassen, was mir aber
durchaus recht ist. Nach Krauschwitz gibt es allerhand Straßenbauarbeiten, die durch Einengungen bei recht dichtem Verkehr nicht
optimal sind. Dies bessert sich auch nicht, als ich von Bad Muskau aus die B115 als direkteste Verbindung nach Cottbus nehme.
Viel (LKW-)Verkehr und weiterhin Baustellen. Das nächste Mal sehe ich mich sicher nach ruhigeren Nebenstrecken um...
Zwischendurch deutet sich ein Regenschauer an, jedoch verflüchtigt sich dieser bereits nach wenigen Tropfen wieder, so dass ich
meine Fahrt trocken fortsetzen kann. Danach geht's mit beinahe brennender Sonne weiter bis nach Cottbus. Dort finde ich meine
Unterkunft für die Nacht relativ schnell. Deswegen schaue ich mich noch etwas in der Stadt um, fahre zu Uni und finde dort unter
anderem eine Imbissbude, bei der ich wegen des langsam einsetzenden Hungers einen vegetarischen Döner verlange. Der junge asiatische
Mensch scheint jedoch gewisse Verständnisprobleme zu haben, denn schließlich erhalte ich einen Teller voll asiatischer Nudeln. Macht
nix, schmeckt auch lecker. Danach fahre ich zurück zu meinem Dachgeber für diese kommende Nacht, wo ich sehr herzlich aufgenommen werde,
so wie es überall noch werden sollte auf meiner Fahrt...
Gefahrene Strecke: | 149,93 km |
Zeit: | 6:15:35 h |
Schnitt: | 23,95 km/h |
Cottbus - Bad Freienwalde/Sonnenburg
Am Dienstag fahre ich nach leckerem Frühstück und interessanten Gesprächen um 9 Uhr los. Vom "Quartiervater" werde ich noch bis zum Radweg
nach Peitz begleitet, von wo aus es dann schön nordwärts durch Lieberose geht. Die vor Friedland an der B168 mit Laserpistole postierte
Polizei hält auch auf mich und in der Vorbeifahrt ruft mir der messende Polizist zu: "31, da geht noch was!"
Leider habe ich mit Brandenburgs Nebenstraßen oft schlechte Erfahrungen machen müssen, weswegen ich mich hauptsächlich an die Bundesstraßen
halte. Trotzdem sind die in meinen Karten rot eingezeichneten Hauptstraßen in dieser Region noch gut erträglich und ich rolle über
Fürstenwalde, wo ich mir ein Mittagessen aus einer Tafel Schokolade und einer Tüte Brötchen bei Aldi bastele, Müncheberg und Prötzel
bis zur Straße nach Rädekow. Dort ist in meiner Karte eine kleine Nebenstraße nach
Bad Freienwalde/Sonnenburg eingezeichnet. Ich fahre mehrfach hin und her, finde die Straße nicht und frage schließlich einen
"Eingeborenen". Er bestätigt den mittlerweile in mir aufgekeimten Verdacht, dass es sich um den Waldweg handeln könnte, den ich an der
Stelle sehe, an der in der Karte die Straße eingezeichnet ist. Schließlich verlasse ich mich auf die Karte und denke mir, dass es wohl
nur ein kurzes Stück Waldweg sein wird.
Es kommt wie es kommen musste: Der Weg ist alles andere als kurz, im Wald nehme ich auch noch
den falschen Abzweig, weil mich der richtige auf einem sandigen Weg für ein Flevo unüberwindbar steil nach oben geführt hätte.
Schließlich kommt mir ein Mensch auf Krücken entgegen, den ich frage, wie ich am besten aus dem Wald komme. Er selbst ist jedoch auch
nicht aus der Gegend, weil er an der dortigen Kurklinik zu Besuch ist, aber er kann mir immerhin den Weg dahin zeigen. Somit komme ich
bei der Kurklinik total orientierungslos aus dem Wald heraus. Vor der Klinik gibt es eine Karte, die meine "Verwirrung" weiter auszubauen
vermag: Sie ist "gesüdet", wodurch ich mich wundere, wie ich mitten im Wald beispielsweise die B158 überquert haben soll. Nach etwa
5 Minuten Vergleich mit meiner Karte entdecke ich meinen Irrtum und finde die Sonnenburger Straße, auf der ich nach meiner Zieladresse
frage. Die Richtung stimmt, es geht steil bergauf, aber diesmal klasse asphaltiert. Trotzdem kommt das Flevo arg an eine Grenzen.
Oben angekommen führt eine kleine Straße ein paar Kilometer durch den Wald, hin und wieder ist Sand auf den Weg gespült, der vorsichtiges
Fahren erfordert. In der Nähe ist der Ba-See, ein kleiner Badesee, für den die Straße, die ich befahre, wohl die Zufahrt sein soll.
Schließlich lichtet sich der Wald und eine kleine Siedlung hauptsächlich von Ferien- bzw. Wochenendhäusern taucht auf. Am Ende der Straße
stoße ich auf gröbstes Pflaster. Dies ist meine Zieladresse, eindeutig! Das grobe Pflaster ist laut meinem Dachgeber für diese Nacht
erst vor nicht all zu langer Zeit erneuert worden, jedoch hat man auf das historische Bild geachtet, was meiner Meinung nach voll und
ganz gelungen ist. Nach einer Dusche mit warmem Seewasser versuche ich dann, per Mobiltelefon ein Lebenszeichen nach Hause abzusetzen.
Jedoch ist dies in diesem ruhigen Stückchen Erde beinahe unmöglich, es gibt fast keinen Empfang. Dafür ist es unglaublich ruhig dort.
Der Dachgeber war erneut freundlich, erzählte von seinen Touren und seinem Leben. Mein Flevo durfte ich direkt nebens Bett stellen :-)
Gefahrene Strecke: | 159,39 km |
Zeit: | 7:38:39 h |
Schnitt: | 20,85 km/h |
Bad Freienwalde/Sonnenburg - Anklam
Aufgrund meiner relativ späten Ankunft am Vortag fahre ich heute wieder um 8 Uhr los. Über die Berge, die ich am Vortag bereits in der
Gegenrichtung überquerte, fahre ich nach Norden nach Bad Freienwalde. Anfangs zeigt der Tacho nur einen 19er Schnitt, was an den
recht vielen Bergen und dem dezenten Gegenwind liegt. Überhaupt ist es interessant zu sehen, wieviele Berge im für flach gehaltenen
Norden noch "herumlungern". Während eines kleinen Schauers gönne ich mir zu Mittag einen Linseneintopf aus der Gullaschkanone.
Mit Gegendwind und Bergen fahre ich nicht all zu schnell weiter gen Norden. Die Windräder zeigen mit ihren Rotoren immer in meine
Richtung - deprimierend...
Schließlich komme ich auf die "Ostseestraße 109", wie die B109 dort verharmlosend genannt wird. Verharmlosend deshalb, weil sie nicht
nur an die Ostsee führt, sondern auch scheinbar sämtlichen Verkehr, der in diese Richtung möchte, aufnimmt. Glücklicherweise
gibt es durch einige Baumreihen von der Straße getrennt einen breiten und gut ausgebauten Radweg. Hin und wieder dreht der Wind und
hilft mir in meinem Vorwärtsdrang. So erreiche ich kurz vor 16 Uhr mein heutiges Ziel, Anklam. Um zu meinem Dachgeber, der
Villa Reisefreunde zu gelangen, muss ich erst einmal durchs
Stadtzentrum. Die Adresse ist schnell gefunden und nach Abladen des Gepäcks fahre ich noch einmal ins Zentrum, um ein wenig
Proviant für die nächsten Tage einzukaufen. Scheinbar hat die dortige Jugend noch keine Menschen in langen Radhosen gesehen,
denn mehrfach pfeifen mir Typen in meinem Alter bzw. darunter hinterher, was ich dann mittlerweile schon zum Spaß mit
Lächeln und Zurückwinken beantworte ;-)
Nach dem Einkauf blättere ich dann in meinem Nachtquartier für die nächste Nacht im Dachgeber, um die Strecke nach Rostock weiter zu
planen. Die Anrufe sind ernüchternd. Ich höre wahlweise Anrufbeantworter oder nicht enden wollende Ruftöne, es scheint, als seien
andere Menschen auch im Urlaub... Schließlich wird meine weitere Strecke wohl anders verlaufen als ursprünglich geplant. Für
die nächsten Touren werde ich wohl ein kleines Zelt dabei haben.
Gefahrene Strecke: | 153,39 km |
Zeit: | 7:04:31 h |
Schnitt: | 21,67 km/h |
Anklam - Rostock
Die heutige Strecke lässt nicht all zu viel Variationen offen, werden doch Anklam und Rostock durch die B110 verbunden. So fahre ich
also früh auf die B110 bei mal größerer, mal geringerer Verkehrsdichte gen Westen.
Entsprechend der Hauptwindrichtung habe ich
natürlich Gegenwind, was jedoch noch nicht das größte Hindernis sein sollte. Viel mehr bremsen die Radwege, die mit zunehmender
Nähe zu Rostock immer häufiger und schlechter werden. Als ich unterwegs an einer Bushaltestelle Rast mache, um etwas Joghurt zu
löffeln und zu verschnaufen, hält ein aus der Gegenrichtung kommender Radfahrer und fragt mich ganz interessiert nach dem BoB-Anhänger,
da er sich als Viel- und Weitfahrer (mit 5-Gang Pentasport!) auch nach sowas umschaue. Wir unterhalten uns noch eine Weile, bevor er
weiter muss und ich satt bin. Dann geht's also auch für mich weiter durch die hügelige Landschaft. Hier meine ich bereits die
Meeresluft riechen zu können. Es kann aber auch Einbildung gewesen sein...
In Gnoien mache ich erneut Stopp bei einem Fleischer, da ich bei meiner Anmeldung beim Rostocker Dachgeber erfuhr, dass am Ankunftsabend
gegrillt werden soll :-)
Von Gnoien aus ist es dann nicht mehr sehr weit bis Rostock. Die Stadt selbst ist meiner Meinung nach fahrradunfreundlich: Große, dicht
befahrene Straßen, DDR-Fußwege, die heutzutage noch als Radwege taugen (sollen), senken die Geschwindigkeit für mich deutlich ab.
Trotzdem erreiche ich den alten Hafen, schaue mich dort um, fotografiere, bevor ich mich ernsthaft auf die Suche nach der heutigen
Zieladresse mache. Dies erweist sich als nicht sehr einfach. Die Straße ist eine relativ kleine, umzingelt mit Baustellen und der
Kartenausdruck aus dem Internet hat einige abweichende Straßennamen. Nachdem ich dann einige Stellen von Rostock schon mehrfach
gesehen habe, finde ich schließlich die gewünschte Adresse. Am Abend wird dann gegrillt und man plaudert bis hinein in die Dunkelheit,
umrahmt vom abendlichen Gekreische der Möwen.
Gefahrene Strecke: | 131,62 km |
Zeit: | 6:31:07 h |
Schnitt: | 20,19 km/h |
Rostock - Clausdorf via Halbinsel Darß
Die Strecke für Freitag ist mehr oder weniger eine "Sightseeing-Tour". Quer durch Rostock fahre ich kurz nach 8 Uhr
zum Radweg nach Warnemünde. Diesen hatten mir meine Dachgeber recht ausführlich erklärt, so dass ich nur wenige Probleme hatte,
diesen zu finden. Nach Norden geht es also hindurch durch Rostocks schnieke Plattenbausiedlungen. Der Radweg ist teils ausgeschildert,
vielleicht auch vollständig, aber hin und wieder waren keine Schilder zu sehen. Über recht kleine Straßen führte der Weg aber
dennoch sehr schnell nach Warnemünde. Nun treffe ich das erste Mal auf den Ostseestrand. Gleich mal ranfahren und über die
Düne hinwegschauen: Tatsächlich, da ist die Ostsee :-)
An den Dünen entlang führt eine kleine Straße, die teils mit einem Radweg versehen ist. Ich fahre nun ostwärts zum Leuchtturm und
dem an dessen Fuße liegenden "Teepott". Trotz der noch recht frühen Stunde ist der Ort bereits von Touristen (na gut, bin ja selber
einer) überlaufen bzw. überfahren. Mittlerweile habe ich die Ausschilderung des Ostseeradweges gefunden, der auch die Route zur Fähre
über den Alten Strom kennzeichnet. Unglücklich gelöst ist nur die Sache, dass der Wegweiser die Route unter dem Bahnhof und damit
über die Treppen der Unterführung, statt über den kleinen Bogen um den Bahnhof herum zeigt. Ein freundlicher Mensch fragt mich jedoch
gleich "Can I help you?", was ich mit "That would be very nice of you." beantworte. So hilft er mir den BoB zu tragen,
während ich das vorn dran hängende Flevo über die Stufen hieve.
Bei der Fähre wittert man auch sofort ein Geschäft, indem man mir Flevo und BoB einzeln als Fahrrad berechnet. Aber oke, bei
den moderaten Preisen geht das gerade noch so. Drüben angekommen sprechen mich ein paar Fahrradtouristen an, die von Leipzig aus
an die Ostsee geradelt waren. Sie kamen aus Thüringen und wollten sich mit dem Start in Leipzig ein wenig die Last der Berge
nehmen. Im Verlaufe des Tages sollten sie mir noch des öfteren über den (Ostseerad-)Weg fahren.
Mein Ziel war es für diesen Tag, viel vom Darß zu sehen. So folge ich dem Ostseeradweg, der großteils über gute Waldwege führt,
die zwar nicht mit Asphalt mithalten können, dennoch aber keine Sandpisten sind. Nur an einigen wenigen Stellen sind ein paar
Defizite in der Ausschilderung zu erkennen, wenn man mal wieder nicht weiß, wo man eigentlich genau ist bzw. wo der Weg
weitergeht. Dann hilft es aber, wenn man die Himmelsrichtung kennt und wenigstens noch eine Karte dabei hat. In Dierhagen/Strand
mache ich "Mittagspause". Aus Anklam habe ich noch einen Joghurt und etwas Brot dabei, was ich mir im Schatten der Bäume der
dortigen Ferienhaussiedlungen schmecken lasse. Danach fahre ich den Radweg, der nun immer an den Dünen entlangführt weiter gen
Nordwesten. Hin und wieder halte ich und schaue hinaus auf die Ostsee. Baden wäre ohne Weiteres möglich - wenn ich nicht noch
mein gesamtes Urlaubsgepäck dabei hätte. So aber ist es mir doch zu riskant, das vollbepackte Rad irgendwo hinter der Düne
unbeaufsichtigt stehen zu lassen. Und ein Fahrrad, das ich noch brauche, mit an den Sandstrand nehmen...?
Gegen 14 Uhr beschließe ich, mich auf den Rückweg zu machen. Mein Ziel Clausdorf liegt südwestlich von Rostock, was nicht
gerade ideal für eine Tour über den Darß ist, wenn man von Rostock aus kommt. Auch hier zeigt es sich wieder, dass es nicht gut ist,
sich nur auf Dachgeber zu verlassen, sondern auch noch ein kleines Zelt dabei zu haben. Aber aus Fehlern kann man ja lernen.
Besonders wegen der großen Hitze versuche ich auf dem Rückweg keine all zu großen Umwege zu fahren, sondern relativ direkt in
Richtung Rostock zu gelangen. Das hat jedoch auch zur Folge, dass ich an der B105 bei Rövershagen einen Radweg benutze, der sich
über einen Bahnübergang windet. Dieser Bahnübergang ist jedoch in feinster Radwegemanier abgesichert: Mit einem Drängelgitter
übelster Sorte. Ich bin nicht in der Lage, durch das Gitter zu fahren, geschweige denn das Rad durchzuschieben. Das heißt,
ich muss den Hänger vom Rad trennen, das Rad durchtragen, zurückgehen, den Hänger holen und zuschauen, wie sich das Rad in der
Zwischenzeit umlegt. Spätestens ab diesem Punkt ist mir klar, warum man Radwege vollends hassen sollte. Ich reagiere meine Wut
noch ein wenig an dem Drängelgitter ab (es hat jetzt etwas weniger rot-weißen Lack), bevor ich etwas gefrustet weiter fahre.
Dass ich aber dennoch nicht auf Radwege verzichten kann, merke ich wenig später, als ich die B105 weiter nach Rostock nehme.
Diese ist dermaßen stark befahren und autobahnähnlich, dass ich mich doch nach anderen Möglichkeiten umschaue. Ein relativ
guter Radweg führt parallel und leitet mich bis nach Rostock, wo wieder "hochqualitative" Radwege auf den geneigten Radfahrer
warten. Glücklicherweise muss ich diesmal keine Adresse in Rostock suchen, sondern nur in Richtung Satow fahren. Dies gelingt
auch zu meiner Überraschung schnell und unproblematisch, wenn man von den Radwegen mal absieht (aber das hatten wir ja bereits).
In Clausdorf angekommen finde ich auch die Zieladresse recht unproblematisch, worüber ich sehr froh bin, da der Tag mit seinem
heißen Wetter und den Radschikanen ziemlich schlauchte. Der Dachgeber ist auch hier wieder ein sehr freundlicher, wenn auch
unkonventioneller Mensch, was ja aber eher positiv als negativ ist :-)
Gefahrene Strecke: | 112,51 km |
Zeit: | 5:54:32 h |
Schnitt: | 19,04 km/h |
Clausdorf - Gatschow
"In nur 5 Monaten ist Weihnachten!" stelle ich fest, als ich aufs Datum schaue. Kurz vor 9 Uhr starte ich nun schon wieder in
Richtung Heimat. Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich von seiner trüben Seite, teils ist es so düster, dass ich mit Licht fahre.
Abgesehen vom Wetter, das dennoch durchhält und keinen Tropfen Regen auf mich herablässt, gibt es nichts Spannendes, bis auf
die Sache, dass ich kurz vor Laage auf der B103 aus einem Kleinwagen mit einem Brotpaket beworfen werde. Aber nicht mal
treffen können die Deppen :-D
Der Tag meint es gut mit mir. Abgesehen von dem absolut nicht Sonnenbrand verursachenden Wetter gibt es auch fast immer eine
schöne Brise von hinten. So kann ich quer durchfahren über Schwaan, Laage, Matgendorf, Jördenstorf und Dargun, wo ich wieder
auf die B110 stoße. Vorher begegnen mir jedoch noch üble Pflasterstraßen, die ich entgegen meinen Grundsätzen auf dem Fußweg,
der selbst, wenn er nur sandig ist, besser ist als die Straße, umfahre. Die Straße hingegen ist stellenweise nur im Schritttempo zu
befahren. Und wie sich ein Flevo im Schritttempo mit Gepäck fährt, dürfte zumindest jedem Flevonauten bekannt sein.
Trotz dieser Umstände bin ich viel schneller als erwartet. Und dadurch, dass ich mich nicht einmal ansatzweise verfahre,
komme ich auch sehr schnell wieder nach Demmin, von wo aus ich gen Süden weiter nach Gatschow fahren werde. Aufgrund der
vielen Zeit, die bis zu meiner vorher berechneten Ankunft bleibt, und weil ich eh noch einige Sachen für unterwegs brauche,
mache ich noch einmal in Dargun an einem Supermarkt Halt. Von da aus ist es interessant, die Straße und Landschaft, die ich
vor ein paar Tagen schon einmal von der anderen seite sah, nun von dieser Seite zu betrachten. In Demmin herrscht noch
immer das Verkehrschaos, welches ich bereits auf der Fahrt nach Rostock miterleben musste. Das Stadtzentrum kann ich immerhin
durch einen Abzweig kurz vorher umgehen, so dass ich recht gemütlich zur Straße nach Demmin gelange. Diese ist klein, eng und
vereinzelt kommen LKW im Gegenverkehr, die PKW kann ich an einer Hand abzählen. So geht es also die rund 8 Kilometer gen Süden.
Angekommen in Gatschow fahre ich die Dorfstraße auf und ab, auf der Suche nach der Hausnummer. Ein paar Pferde stehen auf der
Weide und wenn ich vorbeikomme, rennt eines immer wieder ganz hektisch auf und davon. Das ändert sich auch nicht nach der 4.
Vorbeifahrt. Dann entdecke ich einen sandigen Weg, der ganz am Anfang des Dorfes von der Hauptstraße ab geht. Nicht zu glauben,
aber dort findet sich der Ortsteil Alt-Gatschow. Dieser ist - mal abgesehen von einem kanadischen Holzhaus mit englischem Rasen -
ein typisches altes Dorf. Mit sandiger Hauptstraße, alten Bauernhäusern, einer großen Scheune, man fühlt sich quasi wie in der
Zeit versetzt. Die Dachgeber zeigen mir eine Endmoräne, die sich fast direkt hinter ihrem Haus auftut, erzählen über sich und
ihre Fahrradaktivitäten. Alles in allem auch hier wieder äußerst interessant.
Gefahrene Strecke: | 102,97 km |
Zeit: | 4:42:24 h |
Schnitt: | 21,87 km/h |
Gatschow - Oranienburg/Zehlendorf
Über die wunderschöne Dorfstraße geht es hinauf zurück auf die Hauptstraße, die sich weiter über die kleinen Dörfer zur B96
nach Neubrandenburg schlängelt. Anfangs geht's auf dieser Straße noch bergig immer auf und ab, später liegt die Straße flach
vor mir, so dass ich mit Rückenwind zwischen 25 und 30km/h immer gen Süden fahren kann. Das Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße
hält sich in Grenzen, durch das recht hohe Tempo fährt es sich angenehm. Diese Etappe ist eher langweilig, nichts Besonderes
unterwegs, so dass ich am frühen Nachmittag in Oranienburg ankomme. Dort irre ich erst einmal ca. eine Stunde herum, weil ich
eine Adresse suche, die es scheinbar nicht gibt. Im Endeffekt merke ich, dass es diese Adresse nicht geben kann, weil im Zuge
der Gemeindegebietsreform Zehlendorf mittlerweile unter Oranienburg läuft, womit es zweimal die selbe Straße in einem Ort gibt.
Nach der Feststellung bin ich dann ganz schnell da...
Gefahrene Strecke: | 163,58 km |
Zeit: | 7:39:46 h |
Schnitt: | 21,34 km/h |
Oranienburg/Zehlendorf - Geltow
Heute fahre ich relativ spät los, da die Strecke nicht all zu lang sein wird. Es geht über die kleinen Orte westlich von Berlin
gen Süden. Bevor ich nach Spandau komme, sehe ich, wie mein Tacho gerade die 1000km-Grenze für diesen Urlaub überspringt. Das muss
gefeiert werden - mit einem Schluck aus der Wasserflasche...
Mit Spandau bekomme ich eine dann eine "Prise" Berlin: Relativ große Straßen, recht dichter Verkehr und nette
Menschen, so wie der ältere Mensch, der aus'm Bus vor mein Rad gestolpert kommt, während ich schon großräumig ausweiche.
Er läuft mir dann hinterher, ich muss an einer roten Ampel warten, was er nutzt, um mir etwas von Rücksichtslosigkeit zu erzählen,
was ich ihm bestätige mit einem "Genau!", woraufhin er mir Schläge mit seinem Schirm androht. Seine Frau schleift ihn dann aber
doch über die Straße...
In Richtung Potsdam verfahre ich mich dann einmal, weil der Radweg, der etwas abgeschottet von der Straße auch die alles
entscheidende Kreuzung umgeht. Auch eine Ausschilderung vermochte ich nicht zu sehen. Nach diesem kleinen Exkurs in die
falsche Richtung fahre ich dann rückzu auf der Straße und finde auch prompt den richtigen Abzweig. Trotz dieses Verfahrers,
der einige zusätzliche Kilometer auf meinen Tacho brachte, und der "Fotosession" mit Flevo-Roadtrain im Park Sanssouci,
erreiche ich meinen heutigen Dachgeber viel zu früh, so dass ich einen
Notizzettel an seiner Tür finde, auf dem er mir eine Badestelle am Petzinsee empfiehlt, für die es aber an diesem Tag zu kalt ist.
So fahre ich noch ein wenig durch Potsdam, esse Döner, bis mich ein Regenschauer verfolgt, dem ich aber knapp entrinnen kann.
Zurück in Geltow fährt mir dann mein Dachgeber ebenfalls auf einem Flevobike über den Weg.
Gefahrene Strecke: | 104,49 km |
Zeit: | 5:30:58 h |
Schnitt: | 18,94 km/h |
Ruhetag, Ausflug nach Berlin
Am Dienstag lege ich einen Ruhetag ein, der unter anderem auch vorbereitend für den folgenden Mittwoch sein soll. Per Bahn fahre
ich nach Berlin, besuche das Deutsche Technikmuseum, welches allein schon einen Tag wert ist, sowie Zentralrad, um mich über mein
neues Alltagsrad zu informieren. Damit ist dieser Tag schneller vorbei als gedacht. Zurück am Potsdamer Hauptbahnhof kaufe ich
eine Ladung Schrippen, die mir auf der Heimfahrt den Hunger stillen soll :-)
Am Abend mache ich mit meinem Dachgeber noch an erste Planungen für den kommenden Tag, an dem ich von Geltow nach Hause fahren
möchte. Streckenvarianten gibt es viele. Welche Strecke ich konkret nehme, entscheide ich aber wie üblich, wenn es darauf ankommt...
Geltow - Olbersdorf
Gegen 8 Uhr fahre ich los. Es soll meine bis dahin längste Etappe per Rad werden, ca. 300km. Erst einmal geht es südlich heraus.
Mein Dachgeber begleitet mich noch einige Kilometer, bevor ich dann auf einem schön asphaltierten Radweg dahindüse. Über viele
Kilometer geht es dann auf ruhigen, aber guten Straßen mit Rückenwind dahin, so dass der Durchschnitt auf den ersten knapp 100km
schön nach oben gezogen wird. Teils habe ich wirklich Glück mit den Straßen, ich wähle kleine Straßen, die dennoch meist guten
Belag haben. Nachdem ich aber die Elbe erreicht habe, verlässt mich dieses Glück. Mein Drang, kleine Straßen vor Bundesstraßen zu
bevorzugen, veranlasst mich auf der brandenburgischen Seite der Elbe weiter zu fahren, statt auf die sächsische Seite zu wechseln,
wo eine ruhige Bundesstraße fein asphaltiert wäre, während auf meiner Seite grobes Pflaster selbst Autos auf 50km/h überland
begrenzt. Deswegen nehme ich dann auch die erstbeste Fähre nach Sachsen, wo es dann wieder schön dahinrollt. Teilweise nutze
ich dann den Elbradweg, teils die wenig befahrenen Nebenstraßen, die in Sachsen auch für Fahrräder zu gebrauchen sind.
Kurz vor Riesa fahre ich an eine Tankstelle und frage die Kassiererin, wo ich denn an Trinkwasser käme. Sie schaut mich nur schräg
an, verkündet mir, dass der Wasserhahn draußen abgeschlossen sei und dass ich es doch bei der öffentlichen Toilette auf der
anderen Straßenseite probieren könne. Als ich herausgehe, sehe ich, wie ein Mann hereinkommt, der in ein kleines Nebenzimmer
tritt, welches arg nach einer Toilette aussieht, bei der sicher auch ein Wasserhahn an der Wand ist...
In Riesa selber versuche ich das gleiche noch einmal, verlange aber gleich einfach 1,5 Liter Leitungswasser. Die Kassiererin dort
lächelt, füllt 1,5 Liter Leitungswasser ein, freut sich, als ich mich bedanke. So mag ich das :-)
Jedoch ist Riesa ungünstig, wenn man mit dem Rad die andere Elbseite erreichen möchte. Das Schild "Kraftfahrstraße" taucht erst auf,
wenn man bereits in die Straße eingebogen ist und so richtig lustig ist die stark befahrene Brücke auch nicht. Also fahre ich
linkselbisch weiter, durchquere ein paar kleine Orte und komme irgendwann auch wieder auf den Elbradweg. Es entwickelt sich
ein wirklich tolles Sprintrennen von Feierabendradlern zu Inline-Skatern, die immer wieder im Weg rumfahren, wenn man gerade
mal Geschwindigkeit drauf hat.
In Dresden finde ich dann auch prompt nicht den Wegweiser, der mich auf die richtige Elbseite führt,
so dass ich einen tollen Pflasterweg rechtselbisch bis zum blauen Wunder fahre. Von da an wird der Radweg dann ruhiger, langsam
tauchen in der Abendsonne die ersten Berge des Elbsandsteingebirges auf. Es ist wirklich nur noch ein Kurbeln, hin und wieder mal
anhalten um Futter und Wasser zu tanken bzw. zu lassen. Über der Festung Königstein taucht dann sogar schon der Mond
auf, ich fahre bereits seit ein paar Kilometern mit Licht, weil die Dämmerung über die Landschaft der Sächsischen Schweiz
hereinbricht. Die Strecke nach Bad Schandau und weiter nach Schmilka zieht sich enorm hin, sie rauscht in ihrer Dunkelheit
nur noch an mir vorbei. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich anhand der noch zu fahrenden Strecke gegen Mitternacht
daheim sein werde. Kurz vor der Grenze nach Tschechien setze ich einen Anruf nach Hause ab, in dem ich zum
"Picknick" in Tschechien einlade. Ich habe Schokolade, Müsliriegel, allerhand Brötchen, Multi-Saft und ein paar andere
Leckereien dabei, die ich zu dem Zeitpunkt gut hätte mit jemand teilen können. Die Begeisterung hält sich jedoch in Grenzen,
scheinbar hat keiner Lust auf ein "Picknick" im stockdunklen tschechischen Wald.... :-)
Die Grenzerin winkt mich ohne große Kontrolle durch, so dass ich dann in Hrensko zwischen den vielen Ständen des dortigen
"Ramschmarkt", der um diese Zeit (kurz vor 22 Uhr) selbstverständlich bereits geschlossen ist hindurch auf die Berge des
Schluckenauer Zipfels zusteuere. Den ersten längeren Anstieg nach Mesni Luka meistere ich noch ohne Probleme, ohne den Tacho
erkennen zu können weiß ich, dass es hier recht schnell hinauf geht. Dahinter kommt die erste Abfahrt, die im müden Schein
eines 2,4W-Scheinwerfers in wirklich stockdunkler Nacht nicht gerade begeisternd ist. Seitenstreifen oder andere reflektierende
Gegenstände sind eher die Seltenheit, so dass ich die Serpentinen, die mitunter auch noch Rollsplit beinhalten, nur mit schleifenden
Bremsen herunterschleiche. Die nächsten Berge werden jedoch noch schlimmer - zumindest bergauf. Ich trete immer stärker, die
Trittfrequenz geht jedoch immer mehr zurück und damit auch das Tempo. Das Rad dreht zunehmend durch, die Fuhre schlingert - im
letzten Moment entscheide ich mich fürs Schieben; wahrscheinlich die vernünftigere Wahl, zumal ein Umkippen mit der schweren Fuhre
womöglich Schäden verursacht hätte, die in der Dunkelheit nicht wahrzunehmen gewesen wären. Selbst geschoben ist es noch eine
Qual, das Rad den Berg hinauf zu bugsieren, da das wenige Licht des Scheinwerfers bei ca. 4km/h natürlich noch magerer ausfällt.
So wird es also immer später, abwechselnd bremse ich mich Berge herunter und schiebe die Fuhre danach wieder auf den nächsten Berg
hinauf. In der Zwischenzeit sehe ich ca. 5 Autos und 3 Fußgänger und das auf ca. 30 Kilometern. Als ich gerade wieder einen
Berg herunterrolle, sehe ich in der Ferne einen einzelnen, hellen Scheinwerfer, der mir entgegenkommt. Je näher er mir kommt, desto
deutlicher erkenne ich, dass dieser Scheinwerfer zum Rad meines Vaters gehört, der sich doch noch so spät aufgemacht hat, mir
entgegen zu fahren (danke!). Zwar haben wir mittlerweile beide ob der fortgeschrittenen Stunde keine Lust mehr zu meinem Picknick,
aber es hilft schon, wenn man an Bergen durch ein bisschen "Gequatsche" von den Anstrengungen abgelenkt wird. Wir überqueren
den Wanderübergang in Herrenwalde und fahren dann weiter über Saalendorf nach Bertsdorf und von dort nach Hause, Olbersdorf.
Auf geraden Strecken hätte ich noch ewig so weiterfahren können, die Berge jedoch schlauchten enorm, so dass ich froh bin, dass
wir um 0:15 Uhr zu Hause ankommen. Der Tacho zeigt 318,26km, die Fahrzeitanzeige hat sich mittlerweile davon verabschiedet, noch
Sekunden anzuzeigen und steht bei 14 Stunden, 10 Minuten, die Durchschnittsgeschwindigkeit ist aufgrund des schiebenden
Rückenwindes am Anfang der Strecke bei immerhin 22,46km/h. Ich esse noch ein paar von meinen Müsliriegeln, trinke meinen
Multi-Saft, gehe duschen und anschließend so schnell wie möglich schlafen.
Um 10 Uhr wache ich auf und gehe noch am selben Tag Blut spenden......
Fazit: Grenzen sind dazu da, überschritten zu werden. War ich letztes Jahr noch froh, die 200km-Grenze überschritten zu haben,
freue ich mich nun natürlich über die 318km, die noch dazu in den Bergen endeten, während die 200km weitgehend im Flachland
verliefen.
Weiterhin finde ich es schade, wie das Gebiet an der Ostsee touristisch überfahren ist. Sicher, ich war einer der Touristen,
aber gerade der dichte Motorverkehr nimmt der ansonsten (noch?) schönen Landschaft sehr viel. Für einen ruhigen Radurlaub hingegen
sind die Gebiete Mecklenburg Vorpommerns zu empfehlen, die einige Kilometer südlich der Ostseeküste liegen.
Ausrüstungsmäßig sollte ich auf jeden Fall in ein handliches Zelt investieren. Dachgeber sind zwar eine gute Sache, jedoch sollte
man sich keinesfalls darauf verlassen, in der Hauptsaison unbedingt überall jemand zu erreichen.
Gerade deswegen und für die herzliche Aufnahme möchte ich mich bei all "meinen" Dachgebern in Cottbus, Bad Freienwalde, Anklam,
Rostock, Clausdorf, Gatschow, Oranienburg (oder besser Zehlendorf) und Geltow bedanken!
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