Unsere diesjährige Herbsttour
führte wie die beiden Jahre zuvor auf den 1012m hohen Berg Ješted
in Tschechien, der unweit der nordböhmischen Metropole Liberec liegt.
Mitgefahren sind Uwe, Mario und ich (Martin) Anderseck. Dieses Jahr sind
wir das erste Mal mit unseren beiden Liegern gefahren.
Nur Mario, mein Bruder, ist mit seinem Normalrad gefahren. Ich probierte
es mit dem Flevobike. Uwe, mein Vati, nahm den Kurzlieger.
Olbersdorf, der Ort in dem
wir wohnen, liegt auf einer Höhe von ca. 295m über dem Meer.
Von dort aus geht es am 19. Oktober 1999 um 10:30 Uhr los. Es ist kalt,
5°C zeigte das Thermometer und Nebelschwaden ziehen übers Land.
Über Eichgraben fahren wir zum Grenzübergang Hartau. Die ersten
5 km sind geschafft, jedoch liegen noch ungefähr 80 km vor uns. Immer
in Richtung Liberec fahren wir über kleine tschechische Orte, in denen
die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Immer wieder wird man von den
Hunden, die die Gärten und Häuser beschützen, angebellt.
Liegeräder scheinen sie noch nie gesehen zu haben, und normale Radfahrer
scheinen auch nur selten vorbei zu kommen. Teilweise schlechte Straßen
und wenig Verkehr, und wenn Autos, dann scheint es, als führen die
Fahrer nach Zeit und dürften keine Sekunde verschenken. Daher nehmen
sie auch kaum Rücksicht auf Radfahrer und man muß sich schnell
retten, wenn man ein Auto sieht. Aber sie waren selten, und so war es eine
Erholung von den Verhältnissen auf deutschen Straßen.
Nach 30-35 km kommt man zu
einer Straße, die dann wieder mehr befahren ist. Sie führt hinauf
zum Jeschken, wie der Berg in deutsch genannt wird. Dort sind dann auch
wieder die tschechischen "Rallyefahrer", vor denen man sich retten muß.
Diese Straße verläuft steil bergauf, eine Chance, die Bergtauglichkeit
des Flevos zu testen. In langen, ausgefahrenen Kurven führt die Straße
hinauf zum Gipfel, welcher mit einem futuristisch anmutenden Fernsehturm
abgeschlossen wird.
Langsam schrauben wir uns
empor, gewinnen schnell an Höhe. Etwa 3 km vor dem Ziel packt uns
der Hunger, auf einem Parkplatz kaufen wir uns etwas Warmes zu essen und
zu trinken, bevor es dann zum letzten, aber steilsten Stück dieser
Tour geht. Jetzt beträgt die Steigung schon geschätzte 15-16%.
Hin und wieder muß ich nun anhalten, auch mit 53 Zähnen auf
dem Antriebskettenrad und dem leichtesten Gang in der Sachs 3x7 ging noch
schwer, so daß die Beine müde werden. Erstaunlicherweise war
das Anfahren kein Problem, die Reifen haben viel Grip. Mario ist mit dem
Normalrad davon gefahren, mit dem geht's bergauf schneller. Aber das Liegerad
ist eben bequemer und so nimmt man auch die Strapazen auf sich. Der Fernsehturm
rückt näher. Mario ist nun oben angekommen, während sich
Uwe und ich noch quälen. Die letzten Meter brechen nun an, es wird
nochmals steiler, das Flevo möchte durchdrehen, aber irgendwie geht
es weiter. Dann stehen wir alle gemeinsam vor dem charakteristischen Turm:
GESCHAFFT!!
Nun ist die Freude groß,
daß es erneut geschafft wurde, sogar mit den Liegerädern. Es
werden noch einige Bilder geschossen, bevor es dann mit höchstens
50 km/h bergab geht. Mehr läßt die Straße aufgrund der
Kurven und des schlechten Belags nicht zu. Komisch, runter ging es schneller
als hoch. Zurück soll's schneller gehen, deshalb entschließen
wir uns, die Europastraße von Liberec nach Zittau zu fahren. Leider
ist es jetzt mit der Ruhe völlig vorbei, Autos kommen mit hohem Tempo
an uns vorbei, ja, das müssen wieder die Rallyefahrer sein. Dank dem
breiten Randstreifen können wir ihnen ausweichen. Wir fahren nun angenehm
schnell schnurstracks in Richtung Hradek nad Nisou. Zwischendurch machen
wir nochmal eine Pause an einer Tankstelle, kaufen uns Schokolade und Apfelsaft.
Von dort aus verläuft die Straße noch ein paar Kilometer ziemlich
geradeaus, bevor der Abzweig nach Zittau zeigt, daß es ab jetzt wieder
über Dörfer durchs Neißetal nach Hartau zum Grenzübergang
geht. Von dort aus ist es nun nicht mehr weit nach Olbersdorf. Eine kleine
Pause ist noch drin, doch danach gab es keinen Halt mehr, ein letzter Berg
wird überwunden, und wir treffen nach 84 km wieder daheim
ein.